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Mit Distanz
Mario Adorf / Der Schauspieler wird Ehrendoktor der Universität Mainz
Komödiantische Schlitzohren, zigarrenrauchende Finsterlinge, notdürftig kultivierte Zwielichter. Das sind seine Gestalten. Er ist der Italiener. Der Boss. Er ist der Pate, den er doch nie gespielt hat. Er ist auf eine männliche Weise präsent, die stets auch etwas sehr Weiches, Sanftes, Kindliches hat. Trotz eines rundum gelingenden Lebens – auch als Schriftsteller, Entertainer und Sänger – erkennt man hinter jedem selbstbewussten Auftritt Adorfs noch den nüchternen, in sich ruhenden Menschen, der auf Distanz bedacht ist.
Er wird 1930 in Zürich geboren, der Vater, ein Süditaliener aus Kalabrien, ist Chirurg. Die Mutter, eine Deutsche – sie war dessen Röntgenassistentin – arbeitet später als Schneiderin; bei ihr in der Eifel wächst der Junge auf, in jahrelanger Armut, mit dem Makel, ein uneheliches Kind zu sein. Er studiert Philosophie und Theaterwissenschaften, wird danach aber Statist am Theater in Zürich. 1957 spielt er im Film »Nachts, wenn der Teufel kam« einen massenmörderischen Triebtäter und wird sofort bekannt – und festgelegt: der Gauner vom Dienst. Avanciert zum Vielbeschäftigten in italienischen Filmen (»Allein gegen die Mafia«),
in Frankreich und Deutschland (»Die Blechtrommel«, »Die Ehre der Katharina Blum«, »Rossini«).
Relativ spät dann der Erfolg im deutschen Fernsehen: »Via Mala«, »Kir Royal«, »Der große Bellheim«, »Der Schattenmann«, »Die Affäre Semmeling«. Als Fehler in seiner Karriere bezeichnet er die leichtfertige Arroganz, mit der er eine Rolle bei Billy Wilder ablehnte
(»Eins, zwei, drei«); vorgesehen war er neben James Cagney und Horst Buchholz – für den Part »des
dritten von drei Russen«. Des dritten nur? Nee. Ebenso verweigerte er einen »Tatort«-Kommissar – aber das hält er nach wie vor für richtig. Adorf formuliert seine Lebensbilanz so: »Für die ganz große Kunstkarriere war ich stets zu wenig eitel.« Er ist der gutwillige künstlerische Schwerarbeiter, der inmitten aller Eitelkeiten den nützlichen Überblick behält.
Er lebt seit langem (auch) in Rom, liebt dieses Fremdsein am Tiber – ohne dass dauernd ein schwerer, ernster Gedanke über Deutschland und die Deutschen mitgedacht werden müsse. Und er bekennt den frühen Wunsch nach einem Bart – »ich mochte mein nacktes Gesicht nie ...«
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