Nicht für jedermann
Bildungsoffensive in arabischen Ländern
Die ägyptische Stadt Alexandria galt in der Antike als Zentrum der Mathematik und Philosophie. Andalusien erlebte unter arabischer Herrschaft eine Epoche kultureller Blüte. Umso mehr wurmt es die Araber, dass ihre Staaten in Sachen Bildung und Wissenschaft im internationalen Vergleich heute so schlecht dastehen. In einigen Golfstaaten investiert der Staat deshalb jetzt massiv in Hochschulen. In weniger reichen Ländern wie Ägypten, Syrien und Jordanien nehmen vor allem private Investoren Geld in die Hand. Die meisten von ihnen haben selbst in den USA oder in Europa studiert.
Einer von ihnen ist der ägyptische Milliardär Samih Sawiris. Der Absolvent der Deutschen Evangelischen Oberschule in Kairo hatte einst an der Technischen Universität Berlin Wirtschaftsingenieurwesen studiert. Sawiris entstammt einer christlichen Industriellenfamilie und hat sein Vermögen in der Tourismusbranche gemacht. In der von ihm erbauten Ferienstadt El Gouna an der ägyptischen Küste sind Arbeiter im Moment dabei, den Rohbau für eine Zweigstelle der TU Berlin fertigzustellen.
Hier zwischen Wüste, Golfplätzen, gepflegten Hotelanlagen und künstlichen Lagunen sollen vom kommenden Jahr an arabische Studenten Wasserwirtschaft, Stadtplanung und Energietechnik studieren. Zugangsvoraussetzungen für den Masterstudiengang unter Palmen, für den 10 000 bis 15 000 Euro Studiengebühr verlangt werden, sind ein Bachelor-Abschluss und ein Jahr Berufserfahrung.
Die TU Berlin El Gouna ist eine Privatuniversität, die völlig unabhängig vom ägyptischen Hochschulministerium sein wird. Das unterscheidet sie von vielen anderen Universitäten mit ausländisch klingenden Namen, die in den vergangenen fünf Jahren in der Region eröffnet wurden. Wie an der Deutschen Universität Kairo (GUC) und der 2005 gegründeten Deutsch-Jordanischen Universität (GJU), so ist auch in El Gouna die Unterrichtssprache Englisch. Deutsch-Sprachkurse sollen die Studenten aber alle trotzdem besuchen, weil zu jedem dieser Studiengänge auch ein Aufenthalt in Deutschland gehört. »Hier wird alles nach dem Berliner Hochschulgesetz laufen«, erklärt der Präsident der TU Berlin, Jörg Steinbach. Zu Beginn sollen auch die Professoren alle aus Berlin kommen.
Die meisten neuen Universitäten in der arabischen Welt sind nicht für jedermann zugänglich. In der Regel achtet ein Sicherheitsdienst am Eingang darauf, dass das Gelände nur von Professoren, Studenten und angemeldeten Besuchern betreten wird. Die im vergangenen Jahr eröffnete König Abdullah Universität für Wissenschaft und Technologie (KAUST) in Saudi-Arabien setzt auf diesem Gebiet allerdings neue Maßstäbe. Da in dem islamischen Königreich nicht alle damit einverstanden sind, dass Männer und Frauen an dieser Universität gemeinsam forschen, lehren und lernen, liegt die Hochschule in einem hermetisch abgeriegelten Gebiet weit von der nächsten Stadt entfernt.
Unheimlich aufgeholt haben in den arabischen Ländern die Frauen. An den Universitäten in Saudi-Arabien stellen sie inzwischen die Mehrheit – weil viele konservative Familien nur ihren Söhnen das Studium im Ausland gestatten. Im vergangenen Jahr waren 56 Prozent der saudischen Uni-Absolventen weiblich.
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