Neue Massenflucht in Pakistan
Flutwelle nun im Süden des Landes / Appell zu weiteren Spenden
Islamabad/Berlin (dpa/AFP/ND). In den Überschwemmungsgebieten in Südpakistan kämpfen tausende Einsatzkräfte gegen die Überflutung weiterer Landstriche durch die Wassermassen des Indus. Am Westufer des Flusses nahe der Großstadt Thatta versuchten Helfer und Soldaten, einen Deich zu stabilisieren, sagte ein Sprecher der Katastrophenbehörde, Khair Mohammad Kaloro, am Sonntag. »Wir arbeiten Tag und Nacht, aber wir wissen nicht, ob wir Erfolg haben werden.« Drei Viertel der etwa 300 000 Einwohner hätten sich bereits in Sicherheit gebracht. Die übrigen warteten auf ihre Evakuierung, sollte der Deich brechen.
Insgesamt seien im Küstendistrikt Thatta, in dem der Indus ins Arabische Meer fließt, in den vergangenen drei Tagen etwa 350 Dörfer überschwemmt und hunderttausende Menschen vertrieben worden. Landesweit sind nach UN- Angaben mehr als 17 Millionen Menschen von der Flut betroffen. Unter den Flüchtlingen sind auch etwa 2,1 Millionen Kinder unter fünf Jahren, von denen bereits mindestens 72 000 an schwerer Unterernährung leiden, wie das UN-Kinderhilfswerk UNICEF am Samstag in Islamabad mitteilte. 200 000 weitere Kinder seien akut mangelernährt. »Wir brauchen dringend zusätzliche 80 Millionen Dollar (62,6 Millionen Euro), um ein Ernährungsprogramm für diese Kinder zu starten.« Andernfalls bestehe die Gefahr, dass sie verhungern oder an Krankheiten sterben, so UNICEF-Sprecher Shahid Mehboob.
Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel hat zu weiteren Spenden für die Flutopfer aufgerufen. Sie bitte »noch mehr Menschen, ihre Unterstützung für die Menschen in schrecklicher Not in Pakistan zu geben«, sagte sie in ihrer am Samstag veröffentlichten Videobotschaft im Internet. Die Hilfe erreiche die Notleidenden garantiert, weil die deutschen Hilfsorganisationen die Hilfsgüter direkt zu den Menschen bringen. Deutschland leiste 25 Millionen Euro an humanitärer Hilfe, »und über die Europäische Union helfen wir mit 70 Millionen Euro insgesamt«, sagte Merkel. Am Wochenende ist ein Flugzeug mit 100 Tonnen Hilfsgütern aus Deutschland in Pakistan gelandet. Ein Sprecher der deutschen Botschaft bestätigte die verspätete Ankunft der Hilfslieferung in Islamabad. Zur Ladung gehören Stromgeneratoren und Wasserpumpen, die den Flutopfern helfen sollen.
Die Hilfsorganisation Oxfam hat derweil davor gewarnt, den Wiederaufbau in den pakistanischen Hochwassergebieten hinauszuzögern. Pakistan könne es sich nicht leisten, erst das Ende der Überschwemmungen abzuwarten, erklärte die Organisation am Sonntag. »Einen Monat nach Beginn einer Krise würden wir erwarten, dass sich die Situation stabilisiert hat und die langfristigen Planungen begonnen haben«, sagte Neva Khan, Pakistan-Direktorin von Oxfam. »Aber wir sind noch immer in Phase eins einer wachsenden Katastrophe.«
Um eine langfristige Katastrophe zu vermeiden, muss der Wiederaufbau nach Ansicht von Oxfam parallel zur Soforthilfe unverzüglich beginnen. Für den Bau von Schulen, Straßen und Krankenhäusern seien Milliardenhilfen der internationalen Gemeinschaft erforderlich. Die Organisation warnte, dass viele Bauern die Anbauzeit für die Winterernte verpassen würden.
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