Griechen sollen weitere Opfer bringen
Premier Papandreou will an Sparkurs festhalten / Großdemonstration in Thessaloniki
Athen (AFP/dpa/ND) Der griechische Regierungschef Giorgos Papandreou hat seine Landsleute angesichts der desolaten Haushaltslage zu weiteren »gemeinsamen Anstrengungen« und Opfern aufgerufen. Bei einer Grundsatzrede in Thessaloniki machte er am Samstagabend klar, dass er nicht von seinem umstrittenen Kurs abweichen wolle.
Zuvor hatten 20 000 Menschen in der zweitgrößten Stadt des Landes gegen das strikte Sparprogramm protestiert. Die Demonstranten zogen in fünf Zügen durch Thessaloniki. Sie hielten Plakate wie »Der Kapitalismus muss für die Krise zahlen« und »Verstaatlicht die Banken« hoch. Etwa 4000 Polizisten waren zusätzlich in die Stadt beordert worden. Die Beamten nahmen über den Tag verteilt mehrere Menschen fest.
»Sie wollen, dass das Volk zahlt, aber es sind die Industriellen und Bankiers, die das Geld genommen haben«, sagte der Demonstrant Manolis Spathis. Der Präsident der Beamtengewerkschaft Adedy, Spyros Papaspyrou, sagte, das Land werde nicht vor einem Bankrott gerettet, wenn das Volk selbst bankrott sei.
Ziel der Demonstranten war die Messe von Thessaloniki, wo Papandreou seine Rede hielt. »Das ist ein Kampf um das Überleben Griechenlands. Entweder wir führen ihn alle zusammen oder wir werden alle zusammen untergehen«, sagte er und kündigte unter anderem weitere Reformen im Krankenhaussektor an. Berichte über eine anstehende Erhöhung der Steuern auf Heizöl wies der Ministerpräsident dagegen am Sonntag auf einer Pressekonferenz zurück.
Ebenfalls abschlägig äußerte er sich zu Vorschlägen einer Umschuldung. Dies wäre eine »Katastrophe für die Wirtschaft, für unsere Kreditwürdigkeit, für unsere Zukunft«. Zuvor hatte unter anderem der frühere Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) eine Umschuldung der griechischen Staatsschulden gefordert. »Griechenland wird ohne eine Umstrukturierung seiner Kredite nicht wieder auf die Beine kommen«, sagte Steinbrück dem »Spiegel«. Es führe kein Weg daran vorbei, dass die Gläubiger dem Land einen Teil seiner Schulden etwa durch Laufzeitverlängerungen oder Zinserlass abnähmen.
Das hoch verschuldete Griechenland hatte im Zuge der Finanzkrise massive Schwierigkeiten, sich neues Geld zu leihen. Um eine Staatspleite zu verhindern, sagten die Euro-Länder und der Internationale Währungsfonds (IWF) Kredithilfen in Höhe von insgesamt bis zu 110 Milliarden Euro für die kommenden drei Jahre zu. Im Gegenzug musste sich die griechische Regierung zu rigiden Sparplänen verpflichten. Griechenland muss alleine in diesem Jahr sein Staatsdefizit von fast 13 Prozent auf rund acht Prozent des Bruttoinlandsprodukts drücken. Am Freitagabend hatte der IWF 2,57 Milliarden Euro Krisenhilfe für Griechenland freigegeben. Es handele sich um die zweite Tranche des mit Athen ausgehandelten Rettungspaketes, erklärte die Finanzinstitution in Washington.
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