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Konservative enttäuscht – Parteiführung will Kurs nicht ändern, Kohl soll dabei helfen

  • Gabriele Oertel
  • Lesedauer: 3 Min.
Nach der Sommerpause und den zahlreichen Scharmützeln in den schwarz-gelben Reihen wollte Kanzlerin Angela Merkel endlich mit ruhiger Hand regieren. Das scheint aber so einfach nicht zu sein. Ausgerechnet in ihrer eigenen Partei ist nach dem Kandidaturverzicht von Vertriebenenchefin Erika Steinbach für den CDU-Bundesvorstand eine seit Jahren schwelende Profildebatte neu ausgebrochen.

In der CDU sind Wochen der Wehrbereitschaft angesagt. Nicht nur, weil die Unionsspitze mit der Klausurtagung vom Wochenende und dem Einschwenken von CSU-Chef Horst Seehofer und anderen hartnäckigen Wehrpflichtbefürwortern den Weg für eine Berufsarmee freimachte. Wehrhaft treten christdemokratische Spitzenpolitiker auch Behauptungen entgegen, ihre Partei sei nicht mehr der Hort der Konservativen. Diese Diskussion war Mitte vergangener Woche neu entbrannt, nachdem Vertriebenenchefin Steinbach angekündigt hatte, beim Parteitag im November nicht mehr für den CDU-Bundesvorstand kandidieren zu wollen, weil sie sich nur noch als konservatives Feigenblatt benutzt fühle. Dass Steinbach zuvor selbst bei den eigenen Parteifreunden angeeckt war, weil sie erneut Deutschlands Kriegsschuld zu relativieren versucht hatte, wird bei der losgetretenen Profildebatte geflissentlich ausgeblendet. Vielmehr erklärte Steinbach, es habe auf der montäglichen Vorstandssitzung eine freundschaftliche Debatte gegeben.

Dennoch sahen sich viele CDU-Politiker gestern genötigt, immer wieder die drei Quellen und Bestandteile der CDU – die liberale, die christlich-soziale und die konservative Säule – herunterzubeten. Ob der sächsische oder der niedersächsische CDU-Ministerpräsident – eine Fehlstelle beim konservativen Flügel ihrer Partei wollten beide nicht ausmachen. Stanislaw Tillich erklärte, die CDU habe nicht an Profil verloren, »auch wenn einzelne Mitglieder ausgetreten sind oder sich aus dem Politischen zurückgezogen haben«. Dass die CDU in den letzten zehn Jahren 100 000 Mitglieder verloren hat, sagte er indes nicht. Auf den Aderlass verwiesen stattdessen gestern enttäuschte Konservative vor dem Berliner Konrad-Adenauer-Haus, die mit Plakaten darauf aufmerksam machten, dass viele Christen nicht mehr CDU wählen würden. Tillichs Amtskollege aus Hannover, David McAllister, nutzte das Frühstücksfernsehen, um die Debatte um die immer wieder beklagte neue Mittigkeit seiner CDU und die in den letzten Tagen aufgeflammten Spekulationen einer Parteienneugründung rechts von der Union zur »virtuellen« Diskussion zu erklären.

Einige andere Parteifreunde, die schon eine Kursänderung der CDU angemahnt hatten, nachdem der frühere hessische Ministerpräsident Roland Koch mit der eher windigen Erklärung, etwas Neues machen zu wollen, Merkel die Brocken vor die Füße geworfen hatte, sehen das völlig anders. So brachte Bernd Posselt, CSU-Europaabgeordneter und Sprecher der Sudetendeutschen Landmannschaft, im »Kölner Stadtanzeiger« eine bundesweite Ausdehnung der CSU ins Spiel. Auch Unions-Mittelstandschef Josef Schlarmann bemängelte in der »Leipziger Volkszeitung«, dass die jetzige CDU-Führung zu stark das linke Spielfeld bediene.

All das wies CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe gestern weit von sich. »Keine programmatische Fehlentwicklung«, also auch »keine grundlegende Kursänderung«, lautet sein Befund. Aber Gröhe hatte auch eine optimistische Botschaft für alle verletzten konservativen Seelen parat: Im Oktober führt die Partei eine Veranstaltung zu 20 Jahren »wiedervereinigter« CDU durch – Gastredner Helmut Kohl. Seiten 4 und 6

Foto: dpa

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