Vorbereitung auf soziale Unruhe
TUC-Kongress berät über Sparprogramm der Regierung / Basis protestiert für mehr Protest
Großbritanien stellt sich auf soziale Unruhen ein. So tagte etwa zeitgleich zum Gewerkschaftsbund TUC in Manchester die Police Superintendets Association (PSA) im nahegelegenen Cheshire. In der PSA sind führende britische Polizeioffiziere organisiert. Derek Barnett, ein Chief Superintendent, warnte auf dieser Konferenz vor den Konsequenzen, die das Wegkürzen von 40 000 Stellen bei der Polizei haben könne. »Kürzungen im öffentlichen Dienst und Sozialbereich werden zu einer Periode von sozialen Konflikten und Streiks führen«, sagte Barnett. Deshalb sei eine starke, gut ausgebildete, selbstbewusste und gut ausgestattete Polizei nötig. Nur so könne die Bedrohung des öffentlichen Friedens bekämpft werden.
Barnett verwies in seiner Rede darauf, dass unter Thatcher die Polizei von Kürzungen ausgenommen gewesen sei. Dies sei heute leider nicht der Fall. Schon seit dem sogenannten Peterloo Massaker von 1819 sei eine starke Polizei nötig gewesen. Damals attackierten von Unternehmern finanzierte Milizen eine Großdemonstration der Chartisten für das allgemeine Wahlrecht in Manchester und töteten dabei dutzende Demonstranten. Das Ereignis war eines der wichtigsten in der Geschichte der britischen Arbeiterbewegung. So scheint bei der Exekutive des britischen Staates Klarheit über die zukünftigen Aufgaben zu bestehen.
In Manchester debattierte der TUC wie er sich in diesen Krisenzeiten zu positionieren habe. Die Antwort auf diese Frage fiel im Vorfeld des Kongresses nicht eindeutig aus. So wurde Regierungschef David Cameron als Gastredner eingeladen, was zu Protesten von linken Gewerkschaften wie der Transportarbeitergewerkschaft RMT führte. Sollte Cameron kommen, werde man Protest dagegen organisieren, so RMT Generalsekretär Bob Crow im Vorfeld. Letztendlich kam es nicht dazu, weil Cameron absagte. Die Begründung: Er befinde sich derzeit im Vaterschaftsurlaub. Auch die konservative Partei nahm den TUC im Vorfeld nicht wirklich ernst. Sicherlich müssten die Gewerkschaften viel Lärm machen, um ihre Mitglieder zu beruhigen, aber in Wirklichkeit könne man mit den Gewerkschaftsführern gut verhandeln, hieß es noch vor wenigen Wochen aus dem Regierungsumfeld. Tatsächlich gab es trotzige Reden gegen die Sparpläne – aber noch keine konkreten Widerstandspläne vom TUC. Forderungen nach einer Großdemo im Oktober wurden abgelehnt, es sei nicht genug Zeit zum Organisieren vorhanden.
Seitdem gab es einen 24-stündigen Streik bei der Londoner U-Bahn und auch sonst steigt der Druck im Land. In etlichen Städten beginnen sich Initiativen gegen die Kürzungen zu formieren. Teilweise gab es schon Demonstrationen, etwa in Brighton, Bolton und Salford. Es sind derzeit lokale Bündnisse, eine landesweite Vernetzung existiert noch nicht. Jedoch spürten die Gewerkschaftsführer, dass es an der Basis brodelt. Dazu trug auch eine 700 Teilnehmer starke, vom National Shop Stewards Network organisierte Demonstration von gewerkschaftlichen Vertrauensleuten am vorigen Sonntag bei. Diese Demonstration forderte vom TUC, die schnellstmögliche Organisation einer Großdemonstration und weiterer Widerstandsmaßnahmen ein.
Mindestens auf dem Papier hat der Druck teilweise gefruchtet. In einer Resolution beschloss der TUC eine Kampagne gegen die Kürzungen zu organisieren, einschließlich gemeinsamer Streiks verschiedener Gewerkschaften im öffentlichen Sektor. Zunächst wird aber eine Großdemo angepeilt: Nicht im Herbst, wie von Aktivisten gefordert, sondern erst im März 2011.
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