Lebensmittel aus dem Netz boomen
Es hapert aber an Frische und Preis
Eingedrückte Konservendosen, eine geöffnete Packung Hackfleisch und schlecht gekühlte Milch – so sah der Inhalt von Lebensmittelpaketen aus, die in den vergangenen Tagen im Dortmunder Fraunhofer-Institut ankamen. Die Stichprobe des Instituts zu deutschen Onlinesupermärkten ergab: »Verbesserungswürdig«. Keine der vier Bestellungen mit je 17 Produkten erfüllte die Anforderungen.
Auch Verbraucherschützer hatten die Onlineangebote immer wieder kritisiert: Zu teuer, zu wenig transparent. Die Verbraucherzentrale Hamburg prüft sogar rechtliche Schritte gegen den Online-Einzelhändler Amazon, weil dieser die Lebensmittel in seinem Angebot nicht ausreichend kennzeichne.
Dennoch haben die deutschen Lebensmittelhändler den Onlinesupermarkt zum Trend erklärt. Knapp drei Monate nachdem Amazon mit einer groß angelegten Lebensmittelplattform vorpreschte, wollen andere Anbieter nachziehen. So kündigte die Supermarktkette tegut gemeinsam mit dem Online-Lebensmittelanbieter Gourmondo einen Internetsupermarkt an. Metro will die Zahl seiner »Drive-In«-Stationen erhöhen, in denen online bestellte Ware zu einer bestimmten Zeit abgeholt werden kann.
Auch Rewe will mitmischen. »Wir können es uns nicht leisten, wichtige Trends zu verschlafen«, sagte Rewe-Chef Alain Caparros in der »Wirtschaftswoche«. In bis zu drei deutschen Städten sollen im Winter zwei Onlinekonzepte getestet werden. Aus wettbewerbstechnischen Gründen könnten dazu aber keine Angaben gemacht werden, sagte eine Rewe-Sprecherin. Amazon erweitert unterdessen nach eigenen Angaben stetig sein Angebot. »Wir sind sehr zufrieden mit der Resonanz unserer Kunden«, sagte eine Sprecherin.
Marktexperten bleiben aber skeptisch – vor allem bei kompletten Supermarktsortimenten, die auch Frischprodukte enthalten. »Ein Lebensmittellieferservice mit Frische ist in Deutschland nicht profitabel machbar«, sagt Experte Björn Weber vom Handelsinformationsunternehmen Planet Retail. Auch wenn der Onlinesupermarkt in anderen Ländern etablierter sei als in Deutschland – profitabel sei er dort meist auch nicht. Europaweit behaupte nur die Einzelhandelskette Tesco aus Großbritannien, dass sie so schwarze Zahlen schreiben würde.
Knackpunkt ist die Frische: Lebensmittel dürften nicht im normalen Styroporpaket geliefert werden. Stattdessen müssten spezielle Lieferwagen mit Kühltechnik angeschafft werden – das schlägt auf den Preis. Das alles würde den Kunden durchschnittlich etwa neun Euro mehr kosten als direkt im Laden. »Das ist weit über der Schmerzgrenze«, so Weber.
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