Rosa Tanne auf dem Teller
Im Nordosten haben Gastronomen ein Bündnis gegen Gen-Food geschlossen
Ein kleines Fähnchen, das vom Teller grüßt, erinnert eher ans Fast-Food-Restaurant als an erstklassige Hotelküche. Eine Reihe Spitzenrestaurants im Klützer Winkel (Mecklenburg-Vorpommern) zeigen damit jedoch Flagge: Die Aufschrift »Ohne Gentechnik« signalisiert, hier kommen heimische Kartoffeln auf den Tisch.
Und das soll auch so bleiben. Denn die Gastronomen fürchten, dass durch den Anbau der gentechnisch veränderten Kartoffel Amflora im Müritz-Kreis die Sortenvielfalt im Kartoffelland Mecklenburg-Vorpommern bedroht werde. Gertrud Cordes, die das Gutshaus Stellshagen in den vergangenen 15 Jahren zu einem landesweit geschätzten Biohotel mit rein vegetarischer Küche entwickelt hat, warnt davor »die Büchse der Pandora zu öffnen«. Schließlich bestehe durchaus die Gefahr, dass sich die gentechnisch veränderte Amflora mit hiesigen Kartoffelsorten kreuze. So gründete sie mit weiteren Inhabern von Restaurants, Hotels und Cafés im Nordosten den Verein für gentechnikfreie Gastronomie im Klützer Winkel.
Aufklärung gefordert
Gingen im Juni 2009 neun Mecklenburgische Gastronomen und Hoteliers mit der Erklärung an den Start, dass sie keine gentechnisch veränderten Lebensmittel in ihrer Küche verwenden wollen, waren es zehn Monate später schon 20 Mitglieder. In trauter Einigkeit seien Bio- und konventionelle Gastronomen dabei, erklärt Gertrud Cordes in ihrem Hotelrestaurant unweit von Grevesmühlen.
Volkmar Nake, der Chef des Hotels »Baumhaus« in Klein Pravtshagen, macht mit, ebenso das Boltenhagener Restaurant »Klabautermann« und das Biohotel Schwerin. Auf der Messe »Bewusst Leben 2010« in Hannover wirbt das »Seehotel Großherzog von Mecklenburg« in Boltenhagen als bio-zertifiziertes Wellness-Hotel nicht nur mit Spa und Fitness, sondern auch mit Bio-Speisen von bester Qualität. Dazu gehört, dass »Rosa Tanne« auf die Teller kommt, eine historische Kartoffelsorte, die vom Hof Medewege bei Schwerin stammt. »Ich halte es auch für einen Akt der Ehrlichkeit, unsere Gäste besser über die Verwendung von gentechnisch veränderten Lebensmitteln aufzuklären«, so Gertrud Cordes.
Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) und Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) hatten mehrfach den Anbau von Amflora im Nordosten verteidigt. Die Gen-Kartoffel werde nicht für den Verzehr produziert, sondern diene der Stärkegewinnung für die Produktion von Leim, Garn und Papier.
Regionale Kreisläufe
Volkmar Nake vom Hotel »Baumhaus« hält Amflora dagegen für einen Giftstachel – er will den Anfängen wehren. Darum stehen auf den Menü-Karten der Vereinsmitglieder Gerichte, die mit dem Sticker »Genfood? Nein Danke!« versehen wurden. »Wir treten damit für Transparenz, Verbraucherfreundlichkeit und die Stärkung der heimischen Wirtschaft ein«, umreißt Gertrud Cordes das Vereinsziel. »Und das honorieren unsere Gäste.« Schließlich könne man als »Land der Gen-Kartoffel« – Amflora wird bislang nur in Mecklenburg-Vorpommern kommerziell angebaut – nicht gerade Touristen anlocken.
Zudem, sagt Cordes, hätten zahlreiche hiesige Landwirte verstanden, dass regionale Kreisläufe ihnen eine Zukunft bieten, sagt Cordes. Die Gastronomen bündeln die Nachfrage, schließen mit den Erzeugern Lieferverträge ab und geben ihnen damit Planungssicherheit. Im Gegenzug garantieren die Bauern eine artgerechte Tierhaltung und gentechnikfreie Fütterung, so der Verein.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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