Der Krebs frisst von innen
Verliebt ins Leben - von Jacqueline Görgen
Sie tanzt Flamenco, er singt und spielt komisch Lieder auf der Bühne, und in besseren Zeiten sangen und spielten sie auch mal zusammen. Das waren die Zeiten, bevor Ärztesprechstunden, Krankenhausaufenthalte, Tests und Ergebnisse und das bange Schwanken zwischen Hoffnung und Verzweiflung ihr Leben in Beschlag nahmen. Christiane Seitter tanzt weiter Flamenco, aber wenn ein Flamenco-Termin mit einem Arzttermin kollidiert, hat längst der Arzttermin Vorrang. Seit bei Christoph Janz ein Tumor im Kiefer diagnostiziert wurde, steht das Leben der Familie unter dem Stern seiner Erkrankung.
Jacqueline Görgen hat Seitter, Janz und ihre kleine Tochter Lilly mit der Kamera durch ihren Alltag begleitet, hat gute Momente eingefangen und schlechte, Momente fröhlicher Begeisterung über die neue Küchenmaschine ebenso wie Momente von Tränen, Hoffnungslosigkeit und – schlimmer noch – Ratlosigkeit. Momente, in denen Christiane Seitter nach Jahren auf dieser Schiffsschaukel der Gefühle vom Aufgeben spricht und davon, wie schwer sie daran trägt, einen Rest Alltag in ihrer aller Leben in Gang zu halten, damit der Boden nicht völlig unter ihren Füßen wegbricht. Natürlich hat er es ungleich schwerer, aber auch an ihr nagt das Hin und Her, das Leben im Schatten einer Krankheit, die letztlich nicht viel Hoffnung lässt.
Es ist ein mutiger Film, für alle Beteiligten. Christoph Janz, der sich auf der Bühne als feister Clown verkleidet und dann mit grazilen Tanzschritten überrascht, die man von diesem gepolsterten Körper nicht erwartet hätte, kann die sichtbaren Veränderungen durch die Erkrankung nicht so einfach ablegen wie die wattegestopfte Wampe, die er unter dem Frack trägt. Und Christiane Seitter sagt vor der Kamera Dinge, die sie ihm vermutlich nicht sagen würde. Denn wie sagt man einem Menschen, der seiner Endlichkeit ins Gesicht sieht, dass man selbst vom Erreichen dieser Endlichkeit noch einen Weg entfernt ist und es müde ist, jeden Tag dem Tod zu begegnen? Nicht zuletzt auch für die Regisseurin, die immer haarscharf balanciert zwischen dem Erzählen einer Geschichte, die so oder ähnlich nicht nur diese Familie betrifft und damit von allgemeinem Interesse ist, und der Gefahr, die lebensbedrohlichen Sorgen ihrer Protagonisten einfach nur auszustellen.
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