Frieden schaffen – doch auch Waffen?
Einsparungen bei Rüstungsprojekten, die IG Metall verlangt Konversionskonzepte
ND: Die Regierung muss sparen. Auch beim Militär. Weniger Soldaten bedeutet aber auch weniger Rüstung. Unsinnige Projekte aus Zeiten der Blockkonfrontation sollen gekippt werden. Dagegen wehren sich jetzt sogar schon Betriebsräte. Haben sie die IG Metall auf ihrer Seite?
Burmeister: Noch ist zu wenig bekannt über die Absichten des Verteidigungsministeriums. Sicher ist: Die Sparvorgabe steht bei vier Milliarden Euro bis 2014. Das bedeutet natürlich, dass die Beschäftigungslage im Rüstungssektor schwieriger wird. Es wird Abstriche geben bei Bestellungen von Waffen und Gerät. Also ist es notwendig, über zivile Alternativen zur Rüstungsproduktion nachzudenken. Die Möglichkeiten dazu sind in den Unternehmen unterschiedlich. Wer beispielsweise Lenkflugkörper herstellt, hat es schwerer als derjenige, der Flugzeugturbinen produziert. Schauen wir in den Bereich der Elektronik, der in den vergangenen Jahren immer wichtiger wurde im Rüstungsbereich. Da sind zivile Anwendungen gut vorstellbar.
Sagt die Gewerkschaft nun klipp und klar: Stopp mit Rüstungsproduktion?
Ich will das auf verschiedenen Zeitachsen darstellen. Die IG Metall erwartet angesichts des absehbaren Nachfrage-Rückgangs vom Verteidigungsministerium keine Ad-hoc-Maßnahmen, die von heute auf morgen Programme kürzen oder streichen. Die Situation ist nicht mit dem Umlegen eines Schalters zu bewältigen. Wir fordern Verlässlichkeit, also Planungssicherheit für bestehende Standorte. Zweitens ist von der Politik zu erwarten, dass Zeit und Geld für einen Produktionswandel zur Verfügung stellt.
Also sollen weiter Waffen produziert werden, selbst solche, die keiner braucht. Siehe Euro-fighter ...
Wir reden über zwei Ebenen, das friedenspolitisch Wünschenswerte und das beschäftigungspolitisch Machbare. Ein Grundsatz der IG-Metall-Satzung lautet: Frieden, Abrüstung und Völkerverständigung. Dahinter stehen unsere Mitglieder. Dass die Bundeswehr zu einer Armee im weltweiten Einsatz geworden ist, muss man gesellschaftspolitisch sehr kritisch aufarbeiten und zivile Alternativen entwickeln. Natürlich sind wir rasch beieinander, wenn es darum geht, eine sozialere Politik zu fordern, mehr Kindergärten und mehr Investitionen für die Bildung zu fordern. Aber die Gefährdung von Arbeitsplätzen im Rüstungsbereich ist auch nicht hinzunehmen. Die Unternehmen setzen die Beschäftigten unter Druck, Sozialleistungen werden gestrichen, es gibt keine Neueinstellungen ...
Zwei Ebenen? Die IG Metall sitzt also zwischen zwei Stühlen.
Wir haben zwei Ziele zu vereinbaren. Um das zu schaffen, stehen wir für mehr Investitionen beispielsweise im Bereich der urbanen Entwicklung. Zeitgemäße und zukunftsträchtige Energieerzeug ist ein Thema und mehr für den Umweltschutz zu tun, ist ebenso zwingend.
Betriebsräte fordern von der Regierung mehr Engagement für den wehrtechnischen Export. Steht die IG Metall hinter der Forderung?
Wenn der Heimatmarkt kleiner wird, versucht man mehr zu exportieren. Doch diese Hoffnungen werden nicht aufgehen. Neben den deutschen Firmen buhlen in der EU auch französische und britische Firmen um Kunden. Das kann nicht der Weg sein. Wer bei den betroffenen Betriebsräten ausschließlich eine Wagenburgmentalität zur Verteidigung des Rüstungsgeschäfts vermutet, liegt falsch.
Also spricht – abermals - alles für den Umstieg in die Konversion?
Wir erwarten von den Unternehmen gerade in der Krise mehr Kreativität, um das Beschäftigungsrisiko zu minimieren. Die IG Metall will das Ihre tun, um den Umlenkungsprozess zu unterstützen.
Weniger Geld für Rüstung und eine kleinere Bundeswehr? Die Sparpläne für den Verteidigungsetat alarmieren die IG Metall, lautete unlängst eine Presseinformation der Gewerkschaft in Ingolstadt. Sollten geplante Einschnitte beim Transportflugzeug Airbus A 400 M oder bei anderen Rüstungsprojekten Realität werden, sei langfristig die gesamte Branche in Deutschland in Gefahr, betonten der zweite Bevollmächtigte der IG Metall Ingolstadt, Bernhard Stiedl, und der Gesamtbetriebsratschef von EADS Deutschland, Thomas Pretzl. »Wir werden als IG Metall dieser Entwicklung nicht tatenlos zusehen«, sagte Stiedl.
Anlass war ein Papier aus dem Verteidigungsministerium. Darin wird eine Reduzierung der A 400 M und des Transporthubschraubers NH-90 erwogen. Die Anzahl des Kampfhubschraubers »Tiger« soll sich auf 40 verringern. Zudem wird Verzicht auf die Entwicklung der Drohne »Talarion« oder den Kauf von 37 »Eurofighter« erwähnt. Der Verlust dieser Rüstungsprojekte bedroht angeblich bundesweit rund 15 000 Arbeitsplätze in der Branche, viele davon in Bayern.
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