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Scheuer Nachbar unter Tage
Gartentier: Der Maulwurf buddelt, um zu fressen - Pflanzen lässt er aber links liegen
Mögen Sie ihren Maulwurf? Meiner war in den letzten Tagen wieder fleißig. Er muss Hunger haben, was mich nicht wundert. Die Engerlinge, die der Literatur nach einen wichtigen Bestandteil seiner Nahrung bilden, gibt es kaum, und der unfruchtbare Unterboden, den er heraufgebracht hat, können nur wenige andere Tiere bewohnen: Namentlich Regenwürmer, die für ihn zweifellos eine große Bedeutung haben.
Maulwurfshaufen zeigen an, dass er sein Gangsystem erweitert, besonders große eher, dass er darunter sein mit Pflanzenmaterial gepolstertes Nest gebaut hat. Maulwürfe (Foto: dpa) gehören zu den Insektenfressern, die nun einmal so heißen, obwohl Kleintierfresser eine treffendere Bezeichnung wäre. Er beißt wohl gelegentlich Wurzeln ab, die ihm im Wege sind, oder legt sie frei, so dass sie vertrocknen, aber er frisst keine Pflanzen. Unbeliebt macht er sich aber, wenn er in Blumenbeeten Haufen aufwirft, oder auf dem gepflegten Rasen, wo sie dem Mäher im Weg stehen.
Ein schönes und erlebnisreiches Leben hat ein Maulwurf kaum. Er sieht nichts von der Welt, weil er fast blind ist, und selten einmal kommt das scheue Tier an die Oberfläche. Deswegen lernt man den etwa goldhamstergroßen Gartengenossen auch nicht kennen, und Bilder, die ihn aus der Erde stoßend zeigen, sind fast immer mit präparierten Tieren gestellt. Das verzweigte Gangsystem, das meist 40 bis 60 Meter lang ist, aber auch bis zu 100 oder gar 200 Meter messen kann, ist eine große Falle, die der Bewohner regelmäßig patrouilliert. Kleine Bodentiere, die sein Reich durchqueren, werden erbeutet. Wie bei anderen Insektenfressern ist der Nahrungsbedarf groß, er soll pro Tag etwa dem Eigengewicht entsprechen, und dem Maulwurf ist nicht einmal ein Winterschlaf vergönnt.
In »Brehms Tierleben« erfährt man von einem frühen Vorläufer heutiger Bürgerproteste, den der Maulwurf ausgelöst hat: Danach richtete 1904 der »Verband fortschrittlicher Frauenvereine« eine Petition an den Reichskanzler, die den Schutz des Tieres forderte. Maulwurfspelze waren damals modern. Professionelle Fänger erbeuteten Massen der samtartigen winzigen Felle, im Handelszentrum London wurde jährlich etwa eine Million angeboten.
Übrigens sollte man nicht den Fehler machen, dem Maulwurf für alle Schäden im eigenen Garten verantwortlich zu machen: Denn manchmal treibt auch die Wühlmaus ihr Unwesen. Auch sie wirft Haufen auf, die allerdings flacher sind und einen randlichen statt des beim Maulwurf zentralen Auswurfschachtes haben. Als Pflanzenfresser kann sie vor allem durch Wurzelfraß sehr schädlich werden.
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