Überall?

Kommentiert: Zorn

  • Hans-Dieter Schütt
  • Lesedauer: 2 Min.

Stuttgart ist Baden-Württemberg. Unbestritten. Das Hoffen aber kennt keine Geografie und sagt kühn: Stuttgart ist überall. So, wie Bischofferode überall war. Jede Ungerechtigkeit ist überall, jeder Skandal, und jeder Widerstand ist also auch überall. Sagt die Hoffnung. Vor vielen Jahren, das von Schließung bedrohte Schiller Theater in Westberlin – das war auch überall. Sagten die betroffenen Theaterleute und beschworen so die Solidarität vieler. Am Ende jedoch wurde nur das Schiller Theater in die Knie gezwungen, nur Bischofferode. Bloß immer das Abwarten ist überall, das Wegducken, das Stillhalten, das wohlfeile Anpassen, die Gläubigkeit, selber verschont zu bleiben. Natürlich ist auch jenes Stuttgart, das sich so vehement gegen den Bahnhofs-Bauplan wehrt, nicht überall. Es wird, so einmal die Bilanz dieser jetzigen Tage gezogen werden wird, wahrscheinlich ziemlich allein dagestanden haben.

»Des Volkes Zorn nenn ich den Wetzstein der Schwerter!« Ach, Luther! Viele maulen, wenige machen das Maul auf. Arbeitslosigkeit? Kriegseinsätze? Klimakatastrophe? Oder jene infame Ideologie, die uns einreden will, Konsument und Demokrat seien das Gleiche? Ja ja, böse Verhältnisse, aber deshalb gleich Volkszorn? Es muss schon die Müllabfuhr streiken, dass alle überall in den Chor einstimmen: Es stinkt zum Himmel! Vorher wirkt wohlfeile Selektion des traurig-tätigen Mit-Gefühls besonderer Art: Jeder zürnt und streikt und kämpft für sich allein.

Stuttgart ist nicht überall. Ist es diese Wahrheit, die überall gilt?

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