Linkstrio will Partei in Fahrt bringen

Zeichen gegen Passivität: Lötzsch, Ernst und Gysi entwarfen Strategiepapier

  • Uwe Kalbe
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Linkspartei besinnt sich ihrer Stärken. Nach wochenlangen Negativschlagzeilen und internem Unfrieden haben Partei- und Fraktionsführung das Heft des Handelns ergriffen. Ein Strategiepapier soll die Partei in die Offensive bringen.

Es ist kein Strategiewechsel, den die Vorsitzenden der Partei, Gesine Lötzsch und Klaus Ernst, sowie Fraktionschef Gregor Gysi in ihrem Papier »Zum Motor für den Politikwechsel werden« entworfen haben. Vielmehr handelt es sich um eine Orientierung für die nächsten Wahlkämpfe. Das strategische Ziel eines Politikwechsels, für den die Zeit nach Auffassung der Autoren gereift ist, sei nur über die Stärkung gesellschaftlicher und parlamentarischer Mehrheiten erreichbar. Die LINKE müsse hierfür mit den potenziellen Partnern in Dialog treten. Auch eine Zusammenarbeit in Sachfragen mit SPD und Grünen sei sinnvoll, »wenn dies ohne Aufgabe unserer Positionen möglich ist«.

Für kurzzeitige Aufregung hatte am Donnerstag ein Bericht in der »Süddeutschen Zeitung« gesorgt, dass die Linkspartei Rot-Rot-Grün als strategisches Ziel für die Bundestagswahl 2013 anstrebe. Dies ist im Papier tatsächlich so vermerkt, allerdings ist gleichzeitig davon die Rede, dass ein »rein auf Koalitionsarithmetik orientiertes Zugehen der LINKEN auf SPD und Grüne ... kontraproduktiv und demobilisierend« wäre. Im Papier finden sich beide Sätze: »Parlamentarische Mehrheiten für eine neue Politik werden nicht ohne SPD und Grüne zustande kommen.« Und wenig später: Ohne die LINKE sei »kein Politikwechsel zu mehr Frieden und sozialer Gerechtigkeit zu erwarten« – das lehre die Erfahrung der rot-grünen Regierungsjahre. Die LINKE fungiere daher »nicht mehr nur als Korrektiv, sie muss zum Motor werden«.

Der geschäftsführende Vorstand hatte das Papier am Wochenende zur Kenntnis genommen. Das besondere öffentliche Interesse erklärt sich vor allem aus den Irritationen, die Gregor Gysi kürzlich mit einem Interview ausgelöst hatte, in dem er davon sprach, die Partei sei in letzter Zeit in Selbstbeschäftigung und Passivität verfallen. Gesine Lötzsch hatte dies ungehalten zurückgewiesen und vor allem die Medien für das von Gysi kritisierte öffentliche Bild der Partei verantwortlich gemacht. Wie aus Parteikreisen zu erfahren war, saß das Führungstrio zu diesem Zeitpunkt bereits an der Erarbeitung des Strategiepapiers, in dem es jetzt heißt: »Durch das Agieren von SPD, Grünen und Medien sowie unsere Passivität und Selbstbeschäftigung haben wir in der Bevölkerung seit der Bundestagswahl 2009 an Zuspruch eingebüßt.«

Lötzsch, Ernst und Gysi schwören die Linkspartei auf ein »dreigliedriges Vorgehen« ein. Diese soll die Bundesregierung kritisieren und alternative Vorschläge unterbreiten – genannt werden gerechte Steuern, Hartz IV und Mindestlohn, Gesundheitssystem und Rente –, »in aktuellen zentralen politischen Kontroversen Position beziehen« und schließlich die Grundlagen ihrer Politik weiterentwickeln. Zum dritten Punkt sollte die LINKE nach Meinung der Autoren »ihre bereits bestehenden Forderungen präzisieren, popularisieren und in einem Leitbild verdichten«. Aufgeführt sind hier etwa Themen wie steuer- und rentenpolitische Modellrechnungen, der Ausbau des öffentlich geförderten Beschäftigungssektors oder die Frage, wie mit nichtmilitärischen Mitteln ein Friedenszustand in Afghanistan zu etablieren wäre. Hier findet sich auch eine »UN-geführte Katastrophennothilfe«.

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