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Vernünftig
Jon Stewart / Der US-Satiriker organisiert eine Demo der Vernunft
Dass Jon Stewart 2009 zum vertrauenswürdigsten Nachrichtenmenschen der USA gewählt wurde, ist ihm Grund genug für eine Demonstration. Er ist schließlich Satiriker, kein Journalist. Täglich findet er neue Gründe für seine Großdemo »zur Wiederherstellung der Vernunft«, zu der am heutigen Samstag in Washington über 200 000 Menschen erwartet werden. Stewart hat Macht, auch wenn der TV-Moderator es nicht zugibt. Nutzen will er sie allemal.
Der 1962 in New York in eine jüdische Lehrerfamilie geborene Stewart fühlt sich – typisch Stand-up-Comedian – unwohl, wenn das Publikum nicht lacht. In den 80ern arbeitete er als Busfahrer, Lagerarbeiter und Barmann und trat nachts in Comedyschuppen auf. Eine gute Schule, denn die Zuhörer fressen dem Kultkomiker mittlerweile aus der Hand. Kein Unwohlsein mehr. Fast zwei Millionen Menschen schauen täglich seine Mischung aus satirischer Nachrichtensendung und Talkshow. 13 Emmys hat er bekommen, zweimal die Oscars moderiert. Junge, gebildete, meist linke Wähler suchen in Stewarts »Daily Show« ihre politischen Informationen, nicht in den Nachrichten. Er verzichtet auf den Zeigefinger, die Parteilichkeit und die Angst, unangenehme Fragen zu stellen. Jene Dinge, die bei den »echten« US-Journalisten zunehmend zu beobachten sind.
Sein wichtigstes Mittel bleibt der Witz. Der Lacher verhindert, dass aus Lehre Belehrung wird. Letztere überlässt Stewart seinem Lieblingsfeind, dem Fernsehsender »Fox News«. Kaum ein Tag, an dem die »Daily Show« nicht zeigt, wie Fox im Sinne der Konservativen lügt, betrügt und manipuliert. »Die Agenda wird durchgezogen. Wenn die Nachrichten nicht mit ihr übereinstimmen, werden eben die Nachrichten geändert. Aber nie die Agenda!«, sagt Stewart über Fox nicht ohne Bewunderung.
Am Mittwoch war Barack Obama im Studio. Beim Satiriker! Vorwürfe, Stewart würde sich kurz vor Wahlen instrumentalisieren lassen, scheut er nicht. Niemand war so häufig sein Gast wie John McCain – bis er Präsidentschaftskandidat wurde und die reißerische Übertreibungsrhetorik übernahm. Stewart entlarvte seinen »Lieblingsrepublikaner«, und McCain wollte nicht mehr kommen. Bei Stewart müsste er ja wieder vernünftig sein.
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