Kommt die Cholera in Haiti aus Nepal?

Missstimmung gegen UN-Truppen wächst

  • Hans-Ulrich Dillmann, Santo Domingo
  • Lesedauer: 2 Min.
Sind nicht die unsäglichen sanitären Zustände in Haiti seit dem Erdbeben im Januar verantwortlich für den Ausbruch der Cholera-Epidemie, sondern wurde der Erreger aus dem Ausland eingeschleppt?

Eine Untersuchung von Stuhl-, Blut- und Wasserproben durch das US-amerikanischen Zentrum für Seuchenkontrolle (CDC) ergab, dass die in Haiti aufgetauchten Cholera-Erreger mit Stämmen identisch sind, wie sie in Südasien vorkommen. In der vergangenen Woche hatten haitianische Medien berichtet, UN-Soldaten des nepalischen Kontingents könnten die Krankheit mit nach Haiti gebracht haben. Bisher hatten Verantwortliche der in Haiti stationierten UN-Mission für die Stabilisierung Haitis (MINUSTAH) solche Meldungen dementiert und eine Verantwortung für den Krankheitsausbruch kategorisch zurückgewiesen.

Schon kurz nach Ausbruch der Epidemie waren Gerüchte aufgetaucht, dass möglicherweise mit Cholera infizierte Mitglieder der Blauhelmtruppe aus Nepal die Seuche ausgelöst hätten. Deren Lager in Mirebalais, nordwestlich von Port-au-Prince, liegt in der Nähe eines Zuflusses des Artibonite. Die Mehrzahl der bisher 5000 an Cholera erkrankten Haitianer soll Wasser aus diesem Fluss genutzt haben. Über 330 Tote sind bislang zu beklagen.

Das Lager der Soldaten sei erst im September mit einem geschlossenen Klärgrubenkreislauf ausgerüstet worden, heißt es in einer Erklärung der MINUSTAH. Es entspreche internationalen Umweltschutzvorschriften. Die Gruben würden wöchentlich geleert und mit Lastkraftwagen entsorgt. Die Deponie befinde sich 250 Meter vom Artibonite-Zufluss Meille entfernt, was internationalen Standards entspreche. Auch Wasserproben hätten keine Kontaminierung festgestellt.

Das Untersuchungsergebnis des CDC aber lässt die UN-Verantwortlichen alt aussehen. Zumal bekannt wurde, dass noch im Sommer in Nepal die Cholera grassierte. Ein Zusammenhang könnte bestehen – obwohl es derzeit keinen 100-prozentigen Beweis gibt.

Aber die Missstimmung gegenüber MINUSTAH dürfte sich verschärfen. Immer wieder hatte es Demonstrationen gegen die Anwesenheit ausländischer Truppen gegeben. In der Hafenstadt St. Marc machten Demonstranten die fremden Soldaten für den Ausbruch der Seuche verantwortlich und forderten deren Abzug.

Die Sterblichkeit der Erkrankten ist inzwischen auf unter 10 Prozent gesunken. Allerdings habe die Ausbreitung der Krankheit ihren Höhepunkt noch nicht erreicht, warnte die Direktorin der Weltgesundheitsorganisation (WHO) Claire Chaignat. in Genf. Andreas Fabricius, Hospitalmanager des Deutschen Roten Kreuzes, beobachtet sorgenvoll die Wetterentwicklung. Die enormen Wassermassen des Tropensturms Tomas, der sich in Richtung Haiti bewegt, könnten die Latrinen überlaufen lassen und die Infektionsgefahr vergrößern.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.