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Lösungen und Visionen fürs Dorf gesucht

Entwicklung des ländlichen Raumes im Programmentwurf der LINKEN unterbelichtet

  • Rosi Blaschke
  • Lesedauer: 3 Min.
Der Programmentwurf der Linkspartei hat ein großes Defizit: Die Agrarwirtschaft, die Entwicklung des ländlichen Raums sind darin fast gänzlich ausgespart.

Mit dem ländlichen Raum in Deutschland nur den Anteil der Landwirtschaft von drei Prozent am Bruttoinlandsprodukt (BIP) und damit eine gewisse Bedeutungslosigkeit zu verbinden, ist grundfalsch. Er macht 80 Prozent der Fläche unseres Landes aus. 25 Prozent der Einwohner wohnen dort. In den 27 EU-Mitgliedsstaaten lebt sogar jeder Zweite der Bevölkerung im ländlichen Raum. Und rund 40 Prozent der EU-Mittel fließen in die EU-Agrarpolitik.

Kampf um gebührenden Platz im Programm

Die Bundesarbeitsgemeinschaft Agrarpolitik und Ländlicher Raum beim Parteivorstand debattiert deshalb darüber, wie die zukünftige nachhaltige Entwicklung der Ländlichen Räume – Lebens-Räume der ganzen Gesellschaft – den gebührenden Platz im Programm findet. Die Agrarwissenschaftlerin Prof. Dr. Erika Czwing legte dazu kürzlich entsprechende Ergänzungsvorschläge vor.

Als Schlüsselfrage der Agrarpolitik sieht die Arbeitsgemeinschaft das Eigentum an Grund und Boden. Im Demokratischen Sozialismus hat breit gestreutes bäuerliches Eigentum an Grund und Boden seinen Platz. Obwohl Ernährung zu den Grundbedürfnissen der Menschen gehört, ist eine Vergesellschaftung nicht nötig, so Czwing. Deshalb plädiert die Arbeitsgemeinschaft für die Unterstützung des öffentlichen, kommunalen, genossenschaftlichen Eigentums und auch des bäuerlichen Privateigentums an Grund und Boden sowie die Schaffung von Rahmenbedingungen für nachhaltige Bewirtschaftungsformen. Vielfalt der Eigentumsformen und der Agrarstrukturen zeichnen die Agrarwirtschaft aus, wie es Sprecher Enno Rosenthal formulierte. Dabei muss jegliche Bodenspekulation unterbunden werden. Das Programm soll zugleich deutlich machen: Die LINKEN sind keine potenziellen Enteigner auf dem Lande, wie es unterschwellig vor allem in Westdeutschland noch immer gesehen wird.

Die Dreieinigkeit von Land, Landschaft, Landwirtschaft im Programm herauszuarbeiten, fordert Wolfgang Methling, ehemals Umweltminister in Mecklenburg-Vorpommern und Mitglied des Parteivorstandes. »Zurück zur Natur« sei kein Kampfbegriff und Naturschutz kein Gegner auf dem Lande. Höchsterträge sind auch auf natürlichem Wege zu erreichen, der Landwirt ist der beste Naturschützer. Auch mit Blick auf Meinungsverschiedenheiten zwischen konventioneller und ökologischer Landwirtschaft ist die Abstimmung mit der Ökologischen Plattform notwendig. Methling plädiert für einen eigenen Abschnitt über Agrarwirtschaft und ländlichen Raum im Programm, die nicht nur als Anhängsel von Umwelt- und Energiepolitik zu betrachten sind.

Die Bodenreform von 1945/46 und die sozialistische Umgestaltung in Ostdeutschland umfassen Erfahrungen, die im Programmabschnitt »Woher wir kommen, wer wir sind« fehlen und die ihn bereichern würden. Die Bodenreform, beschlossen für alle Besatzungszonen, aber nur in der Ostzone konsequent umgesetzt, war ein entscheidender Beitrag zur Demilitarisierung Deutschlands nach dem zweiten Weltkrieg, zur historischen Gerechtigkeit und zur Ernährungssicherung in Ostdeutschland.

Bodenreform verdient gerechte Bewertung

Dieser geschichtliche Abschnitt gehört ins Programm zum einen, da er noch heute von vielen Seiten in Frage gestellt wird. Zum anderen auch unter dem Aspekt des Hungers in der Welt – der weitaus größte Teil der Hungernden sind Bauern und Hirten, denen der Zugang zu Boden und Wasser, zu Bildung und Beratung verwehrt wird. Demokratische Bodenreformen gehören zur Strategie linker Politik.

Die Bundesarbeitsgemeinschaft war sich in der Debatte einig, dass eine differenzierte, ja, kritische Einschätzung der Genossenschaftsbildung in der DDR erfolgen muss. Die Erfahrungen der LPG sind jedoch für vielfältige Kooperationen in der Landwirtschaft, vor allem die genossenschaftliche Zusammenarbeit, von hohem Wert. Prof. Hans Lindenau forderte hier eine mehr gesamtdeutsche Sicht. Nicht nur im Osten, auch im Westen bestehen seit Langem Genossenschaften und andere Formen der Gemeinschaftsarbeit im Dorf, die in den Erfahrungsschatz der LINKEN einfließen sollten.

Dies ist nur ein Teil der offenen Probleme, die Debatte ist nicht abgeschlossen. Es geht den Agrarpolitikern darum, dass auch die Parteiführung einen so wichtigen Gesellschaftsbereich nicht ausspart. Visionen und praktische Lösungen für einen lebendigen ländlichen Raum müssen integraler Bestandteil linker Politik sein und bleiben: ein Anstoß für den bevorstehenden Programmkonvent.

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