Unersättlicher Energiehunger

Nachfrage nach Energie steigt bis 2036 um 36 Prozent / Fossile Energieträger dominieren

  • Gabriel Rath, London
  • Lesedauer: 3 Min.
China hat die USA als weltgrößter Energieverbraucher überholt. Das stellte die Internationale Energie-Agentur am Dienstag fest. Die erneuerbaren Energien verdoppeln ihren Anteil bis 2035. Erdöl bleibt das Schmiermittel der Wirtschaft.

Das starke Wirtschaftswachstum macht China unersättlich in seinem Hunger nach Rohstoffen und Energie. Nach dem am Dienstag in London vorgestellten »World Energy Outlook 2010« der Internationalen Energie-Agentur (IEA) hat China im Vorjahr bereits die USA als größter Energieverbraucher der Welt überholt. Doch damit ist das Ende noch lange nicht erreicht: Nach Berechnungen der Agentur wird der Bedarf des Reichs der Mitte weiter stark zunehmen. »Man kann Chinas Bedeutung gar nicht groß genug herausstreichen«, sagte IEA-Chef Nobuo Tanaka bei der Vorstellung des Berichts.

Für die weitere Entwicklung der weltweiten Energienachfrage konstatiert die OECD-Unterbehörde »extreme Unsicherheiten wegen der Folgen der weltweiten Wirtschaftskrise«. Daher bietet der Report mehrere Szenarien der Entwicklung bis 2035 an. Unter dem realistischsten »New Policies Scenario« nimmt der weltweite Bedarf an Primärenergie bis 2035 um insgesamt 36 Prozent zu. Dies wäre eine Steigerung um 1,2 Prozent pro Jahr – in den zurückliegenden 27 Jahren betrug das Plus jährlich zwei Prozent. 93 Prozent dieses Zuwachs wird demnach aus Entwicklungsländern kommen. Gut ein Drittel der Zunahme wird allein China beisteuern. Ein großer Beitrag kommt dabei auch von Indien, das die IEA in der Zukunft bereits auf Platz 3 im Verbrauch hinter den USA sieht.

Unter den Energieträgern bleiben die fossilen Treibstoffe dominierend und werden 2035 rund 50 Prozent des weltweiten Gesamtzuwachses stellen. Wegen der Klimaschutzverpflichtungen erreicht der Kohleverbrauch laut der IEA 2020 seinen Höhepunkt, während alternative Energieformen weiter an Bedeutung gewinnen: Die Atomenergie legt von sechs Prozent im Jahr 2008 auf acht Prozent 2035 nur minimal zu. Erneuerbare Energieträger wie Wasser- oder Solarkraft hingegen steigen von sieben auf 14 Prozent.

Erdöl bleibt aber das Schmiermittel der Weltwirtschaft, was sich auch in dessen Preisentwicklung ausdrückt: Die Studie erwartet einen Stand von 113 Dollar pro Barrel im Jahr 2035 im Vergleich zu 60 Dollar 2009. Die Preiszuwächse erfolgen demnach trotz der erwarteten Produktionssteigerung. Allerdings halten einige andere Experten solche Förderprognosen angesichts der knapper werdenden Ölressourcen für unrealistisch.

Allein die OPEC-Länder legen bis 2035 um mehr als 50 Prozent bei der Förderung zu, so die Studienergebnisse. Der Mittlere Osten wird als wichtigste Ölregion wesentlich gestärkt durch die Rückkehr Iraks als Ölerzeuger: Bis 2015 wird das Land nach Schätzungen der IEA bereits wieder Iran einholen und um den dritten Platz weltweit hinter Saudi-Arabien und Russland ringen.

Äußerst kritisch zeigen sich die Autoren und IEA-Chef Tanaka wegen des Scheiterns der UN-Klimakonferenz von Kopenhagen im Dezember 2009. Zwar sei es das Ziel noch erreichbar, die Erdwärmung auf zwei Grad Celsius bis 2020 einzudämmen. Dafür seien aber »beispiellose Anstrengungen« der Regierungen weltweit erforderlich, für die es allerdings vorerst nur »wenig Anzeichen« gebe. Zudem seien schon durch das bisherige Zögern Kosten von rund einer Billion Dollar entstanden.

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