Windräder made in China

Europäische Produktionsstandorte können beim Preis nicht mithalten

  • Andreas Knudsen, Kopenhagen
  • Lesedauer: 3 Min.
Europas Windanlagenhersteller verlieren zunehmend Marktanteile an die Billigkonkurrenz aus Asien.

Bei der Vorstellung der Geschäftszahlen für das dritte Quartal kündigte der Windanlagenhersteller Vestas kürzlich den Abbau von weltweit 3000 Stellen, davon allein 2000 auf dem Heimatmarkt Dänemark, an. Gleichzeitig wurde in der Bilanz ein vorläufiger Verlust in Höhe von 244 Millionen Euro für 2010 ausgewiesen. Im Vorjahr machte der Weltmarktführer noch 154 Millionen Euro Gewinn.

Nicht nur Vestas hat derzeit Probleme. Einer seiner Hauptzulieferer, der Stahlturmproduzent Skykon, musste Gläubigerschutz beantragen. Der spanische Produzent Gamesa hatte bereits vor einigen Monaten seine Jahresziele gesenkt. Bei den deutschen Produzenten Repower und Nordex stagnieren die Umsätze – bei weiter steigendem Gewinn und positiven Aussichten für 2011. Ähnlich sieht es beim hoch verschuldeten indischen Hersteller Suzlon, dem Mehrheitseigner von Repower, aus. Siemens Windenergie mit Hauptsitz im dänischen Brande kann indes nicht klagen, nachdem man den Zuschlag für mehrere Offshore-Projekte in der Nordsee erhalten hatte.

Vestas-Konzernchef Ditlef Engel begründete die Massenentlassungen mit der schleppenden Entwicklung in Europa, die weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben sei. Dabei gab es auch in diesem Jahr eine Steigerung beim Auftragseingang – nach Stromerzeugungskapazitäten um mindestens 1000 Megawatt auf 7000 bis 8000 Megawatt. Dies reicht laut Engel aber nicht, die Fabriken auszulasten.

Laut Darstellung des Vestas-Chefs hat die Windbranche bereits vor zwei Jahren an die Politik in Europa appelliert, einen »Green Deal« zu vereinbaren, um die Umstellung auf erneuerbare Energiequellen voranzutreiben. Pläne und Vorschläge gibt es dafür mehr als genug, doch der Auftragsboom blieb zuletzt mangels politischer Rückendeckung aus. Die Finanzkrise tat ein Übriges, die Kreditvergabe der Banken zu bremsen, weshalb viele Investoren ihre Projekte verschieben oder aufgeben mussten. »Hätten wir geahnt, was passiert, hätten wir noch lauter gerufen«, erklärt Engel, der die Massenentlassungen tief bedauerte.

Vestas will vier dänische und eine schwedische Fabrik schließen. Der Unternehmenschef hat keine großen Hoffnungen, dass die Fabriken kurzfristig wiedereröffnet werden könnten.

Die Branche selbst schätzt ein, dass die Überkapazitäten der europäischen Hersteller im Moment bei 20 bis 25 Prozent liegen. Grund dafür ist das Auftauchen billiger Windkraftanlagen aus Indien und China, die auf ihren Heimatmärkten längst eine dominierende Rolle spielen und mittlerweile nach Europa exportiert werden. Die meisten Anlagen werden nämlich nach wie vor an Land aufgestellt. Sie stellen technisch geringere Anforderungen, was Billigproduzenten den Markteinstieg erleichtert. Vestas-Chef Engels spricht von einem Preiskrieg, der dazu geführt hat, dass die Herstellung von Windkraftanlagen an keinem Standort mehr kosten darf als der Preis einer chinesischen Anlage plus Lieferkosten zum Aufstellort. Als Reaktion auf den massiven Preisverfall eröffnen europäische Produzenten mittlerweile Fabriken auf dem abgeschotteten chinesischen Markt, aber auch in Nordamerika, um vom weiter anhaltenden globalen Boom dieser Energierzeugungsform profitieren zu können.

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