Westwärts mit dem König

In der Hauptstadt von Laos erhält der letzte Monarch ein Denkmal

  • Michael Lenz
  • Lesedauer: 3 Min.

Groß und mächtig steht die Statue am Ufer des Mekong. »Westwärts« scheint der Befehl zu lauten, der durch den straff ausgestreckten Arm symbolisiert wird, der auf das gegenüberliegende Ufer des Mekong weist. In der anderen Hand hält die Statue ein Schwert Diese Gesten kommen nicht von ungefähr. Auf der anderen Seite des Mekong liegt Thailand, während die Statue von König Chao Anouvong in Vientiane, der Hauptstadt von Laos steht. Chao Anouvong war der letzte Monarch des laotischen Königreichs Lane Xang, der 1828 heldenhaft aber vergeblich sein Land gegen einen Angriff des damaligen Siam verteidigte.

So weit, so gut. Statuen heroischer König finden sich viele auf dieser Welt. Aber die in Vientiane ist bemerkenswert. Erstens, weil Laos seit 1975 olksrepublik und folglich der komplette Gegenentwurf zu einer Monarchie ist. Und zweitens, weil die acht Meter hohe Königsstatue erst vor wenigen Wochen errichtet und mit viel Glanz, Gloria und buddhistischen Zeremonien von der Partei- und Staatseinführung eingeweiht worden ist.

Die Kommunisten ehren den König aus Anlass des 450. Gründungstags von Vientiane, der in dieser Woche gefeiert wird. Die staatliche Tageszeitung »Vientiane Times« erklärt, dass der Monarch Laos gegen die »feudalistische Invasion Siams« verteidigt habe. Der König also als Ahnherr antiimperialistischer Arbeiter und Bauern. Verschämt verschwiegen wird jedoch das Schicksal des letzten royalen Regenten von Laos. König Savang Vatthana wurde nach der Machtübernahme der Pateth Lao in eines der berüchtigten Umerziehungslager gesteckt, in dem er recht bald verschied.

Die Laoten freuen sich, ihren alten König wiederzuhaben. En Masse und freiwillig pilgern sie zur Königsstatue, der sie Lotusblumen, gelbe Blumengirlanden und andere buddhistische Devotionalien zu Füßen legen. Für ein Paar Kip kaufen sie dann Fotografen mit Polaroidkameras Fotos a la »Ich und der König« als Erinnerung an diesen denkwürdigen Augenblick ab. Die Stoßgebete, die die Laoten zu Chao Anouvong schicken, haben sicher meistens mit dem Wunsch nach Glück und Wohlstand zu tun. Aber der eine oder andere mag aber auch vielleicht den thailändischen Nachbarn nichts Gutes wünschen, die damals Vientiane niedergebrannt und geplündert hatten. Am schwersten wiegt auch heute noch für viele Laoten der Verlust zweier hochverehrter Buddhafiguren. Der heilige Jadebuddha hat im Königstempel im Großen Palast in Bangkok eine neue Heimat gefunden. Ein Buddha aus reinem Gold wurde von Vientiane ins fast gegenüberliegende thailändische Nong Khai verschleppt, wo er seitdem im Wat (Tempel) Poh Chai verehrt wird.

Zumindest zu ihrem Goldbuddha können die Laoten wieder beten, wenn sie über die Thai-Laos-Freundschaftsbrücke auf die andere Seite des Mekong nach Nong Khai zum einkaufen in die großen Konsumtempel fahren. Zwar feiert der Kapitalismus auch in Laos wieder fröhlich Urständ, wie die riesigen Plakatwände schon an der Grenze zeigen, auf denen Handys und Computer statt kommunistischer Losungen gepriesen werden. Aber feudale Shopping Malls gibt es (noch) keine in Vientiane. Vielleicht weisen die martialischen Gesten der Königsstatue gar nicht auf den alten Feind Siam sondern einfach den Weg zum Einkaufsparadies der Supermarktkette Tesco-Lotus mit Starbuck's, Pizza Company und Mister Donut drüben in Nong Khai.

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