Freiwillig kein Cent Kindergeld
Schwarz-Gelb präsentiert Neuregelung des Zivildienstes, die auch Nachteile mit sich bringt
Am 1. Juli nächsten Jahres geht’s los. Dann wird der neue Bundesfreiwilligendienst eingeführt, der das Freiwillige Soziale Jahr (FSJ) und das Freiwillige Ökologische Jahr (FÖJ) ergänzen soll. Der neue Dienst soll in der Regel 12, mindestens aber 6 und höchstens 24 Monate dauern. Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) rechnet mit 35 000 Frauen und Männern, die ihn pro Jahr ableisten. Im vergangenen Jahr wurden laut Bundesamt für den Zivildienst rund 90 000 junge Männer zum Wehrersatzdienst einberufen.
Eine Neuregelung des Zivildienstes ist dringend notwendig, da die schwarz-gelbe Koalition die Aussetzung der Wehrpflicht beschließen will. Weil der Ersatzdienst unmittelbar an den Kriegsdienst gekoppelt ist, ist er in der aktuellen Form hinfällig. Erst im Mai dieses Jahres entschied die Bundesregierung im Eiltempo, die Dienstzeit für Zivis von neun auf sechs Monate zu verkürzen. Zusätzlich wurde die Möglichkeit geschaffen, die Dauer um drei bis sechs Monate zu verlängern.
Der Bundfreiwilligendienst soll als Vollzeitbeschäftigung von Frauen und Männern jedes Alters nach der Schulpflicht geleistet werden können. Sind die Freiwilligen allerdings älter als 27 Jahre, besteht die Möglichkeit, in Teilzeit mit mindestens 20 Wochenstunden zu arbeiten. Dem Gesetzentwurf zufolge können alle Zivis auf eigenen Wunsch am 30. Juni 2011 aus dem Dienst entlassen werden; bis Ende des kommenden Jahres auch diejenigen, die bis dahin ihren Dienst freiwillig ableisten wollen. Vorgesehen ist, die Freiwilligen in West und Ost unterschiedlich zu bezahlen, nämlich mit maximal 324 Euro in West- und 272 Euro in Ostdeutschland. Wahrscheinlich ist aber, dass das »Taschengeld« darunter liegen wird.
Der wohl wichtigste Unterschied für Freiwillige des neuen Bundesdienstes gegenüber Freiwilligen des FSJ und FÖJ ist, dass das Kindergeld für erstere nicht weiter gezahlt wird. Der Bundesfreiwilligendienst kann gegenüber dem FSJ und FÖJ also erhebliche finanzielle Nachteile haben, wie Peter Tobiassen von der Zentralstelle für Recht und Schutz der Kriegsdienstverweigerer im Gespräch mit ND sagte. Außerdem sind FSJ und FÖJ zivilgesellschaflich organisiert. Beim neuen Dienst dagegen schließen die Frauen und Männer ein Vertrag mit dem Bund. Der Bundesfreiwilligendienst wird also staatlich organisiert, und der Bund wird die Arbeitsstellen voraussichtlich zuweisen. Außerdem ist vorgesehen, dass – wie beim Zivildienst auch – rund ein Drittel derjenigen, die den Bundesfreiwilligendienst ableisten, in kommerziellen Einrichtungen (zum Beispiel in Krankenhäusern in privater Trägerschaft) beschäftigt sein wird.
Dennoch: Familienministerin Kristina Schröder, die sich in den vergangenen Wochen als Feministin einen zweifelhaften Namen gemacht hat, steht voll hinter dem Bundesfreiwilligendienst. Mit ihm werde der Wegfall des Zivildienstes zumindest teilweise kompensiert, erklärte die Ministerin. »Der neue Freiwilligendienst ist eine Einladung an Menschen jedes Alters, sich für die Allgemeinheit zu engagieren.« Auch Ingrid Fischbach, Vizechefin der Unionsfraktion im Bundestag, begrüßte den Gesetzentwurf und sprach von einer »guten Lösung«.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.