Werbung

Irland beantragt EU-Hilfen – für Banken

Koalitionspartner drängt auf Neuwahlen / Bundesregierung wünscht harte Auflagen

  • Lesedauer: 3 Min.
Bis zu 90 Milliarden Euro wird Irland aus dem Euro-Rettungsfonds in Anspruch nehmen. Was die Finanzmärkte entzückt, sorgt für eine Regierungskrise in Irland.

Brüssel/Dublin/Berlin (ND/Agenturen). Als erster Staat muss sich Irland unter den Rettungsschirm für angeschlagene Euro-Länder flüchten. Die EU und der Internationale Währungsfonds (IWF) hatten den Schirm von maximal 750 Milliarden Euro im Mai nach der Griechenland-Krise geschaffen. Er beinhaltet Kredite, für die die anderen Euro-Länder bürgen.

Zugang zum Euro-Rettungsschirm haben Länder, die sich am Kreditmarkt kein Geld mehr zur Deckung ihrer Schulden besorgen können. Noch in der vergangenen Woche hatte Regierungschef Brian Cowen von der wirtschaftsliberalen Fianna-Fáil-Partei erklärt, Irland habe Rettungsgelder nicht nötig. Die Europäische Zentralbank (EZB) ist aber nicht mehr bereit, die maroden Banken des Landes weiter mit frischem Geld zu versorgen. Außerdem muss Irland mittlerweile extrem hohe Zinsen für Staatsanleihen den Investoren anbieten.

Irland dürfte nach Angaben von EU-Diplomaten 80 bis 90 Milliarden Euro in Anspruch nehmen. Auch Länder außerhalb der Eurozone wollen sich beteiligen: Großbritannien hat rund acht Milliarden Euro zugesagt, Schweden bis zu eine Milliarde. Die Banken dieser Länder halten ähnlich wie deutsche Geldhäuser hohe Bestände an irischen Staatsanleihen und profitieren folglich von der Rettungsaktion.

Aus diesem Grunde hatte die Bundesregierung massiven Druck auf Dublin ausgeübt, Finanzhilfen zu beantragen. Nun dringt sie auf harte Auflagen. »Wir werden mit unseren irischen Freunden über die anstehenden Schritte beraten«, sagte der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Werner Hoyer, diplomatisch verklausuliert am Montag in Brüssel am Rande von Beratungen der EU-Außenminister. Streit ist programmiert bei der irischen Körperschaftsteuer. Deren Satz ist mit 12,5 Prozent äußerst niedrig – ein großer Anreiz für ausländische Unternehmen, sich anzusiedeln. Das wird von vielen EU-Ländern als unlauterer Vorteil angesehen; sie fordern eine Anhebung. Irland wehrt sich bislang dagegen, zumal Steuern in der EU nationale Angelegenheit sind. Ferner soll Irland sein marodes Bankensystem neu aufstellen und das Haushaltdefizit von derzeit 32 Prozent des Bruttoinlandsprodukts radikal zurückführen. Ein Sprecher von EU-Währungskommissar Olli Rehn sagte, »es ist Sache der irischen Regierung, über Einnahmen und Ausgaben selbst zu entscheiden«.

Irland hatte am Sonntagabend bekanntgegeben, unter den Euro-Rettungsschirm schlüpfen zu wollen. Nach Angaben des Bundesfinanzministeriums vom Montag hat Dublin inzwischen einen diesbezüglichen Antrag bei der Euro-Gruppe gestellt. Die Details des Pakets werden derzeit von einer Expertengruppe von EU, IWF und EZB in Dublin geklärt. Die Verhandlungen werden bis Ende November dauern, sagte Währungskommissar Rehn. Die Finanzmärkte reagierten am Montag auf die Irland-Lösung mit Erleichterung.

Dagegen gerät die irische Regierung durch den Antrag auf Finanzhilfen in Bedrängnis. Der grüne Koalitionspartner von Ministerpräsident Cowen forderte am Montag vorgezogene Neuwahlen in der zweiten Januar-Hälfte. Grünen-Chef John Gormley sagte, Neuwahlen würden politische Gewissheit schaffen. Die Bürger fühlten sich »getäuscht und verraten«. Die Zeitung »Irish Daily Mail« sprach von einer »nie dagewesenen Kapitulation«. Seiten 4 und 9

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken von Socken mit Haltung und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.
- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.