Numerus clausus für Masterstudiengänge
HRK: Hochschulen entscheiden über Eignung der Studierenden
In Deutschland gehen die Querelen um die vor elf Jahren beschlossene Bologna-Reform zur Angleichung der Studienabschlüsse in Europa weiter. Nachdem in den vergangenen Jahren Studierende vor allem wegen überfrachteter Stundenpläne auf die Straße gingen, stehen nun die Zulassungsbeschränkungen für Absolventen eines meist sechssemestrigen Bachelorstudiums, die sich für ein weiterführendes Masterstudium bewerben, in der Kritik.
Das Thema rückte folgerichtig auf die Tagesordnung der Mitgliederversammlung der HRK am Dienstag in Köln. Dort habe man sich darauf geeinigt, »dass alle Studierenden, die einen Masterstudiengang absolvieren möchten und dafür geeignet sind, dies tun können müssen«, erklärte HRK-Präsidentin Margret Wintermantel. Über die Eignung der Studierenden müssten dann die Hochschulen entscheiden. Die Leistungen im Bachelorstudium würden dabei eine wesentliche Rolle spielen.
Den Anspruch, an ein und derselben Hochschule nach dem Bachelorstudium ein Masterstudium aufzunehmen, gebe es jedoch nicht. Damit steigen die Mobilitätsanforderungen an die Studierenden. Dies betrifft vor allem Bachelor-Absolventen an beliebten Universitäten wie in Hamburg und Berlin. Sie müssen sich künftig an mehreren deutschen oder ausländischen Hochschulen bewerben, um überhaupt Chancen auf die Zulassung zum Masterstudium zu haben. An der Universität Hamburg bewarben sich beispielsweise zum Wintersemester 1140 Studierende für den Masterstudiengang BWL. Weil aber nur 170 Plätze zur Verfügung standen, wurden auch Bewerber mit einem guten Bachelor-Abschluss abgelehnt. Laut Wintermantel beschränken sich diese Probleme »auf bestimmte Fächer an besonders beliebten Standorten«. Über das Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage bei Masterstudiengängen an allen deutschen Hochschulen konnte die HRK-Präsidentin nichts Genaues sagen. »Dazu haben wir keine verlässlichen Zahlen.«
Masterstudiengänge sind vor allem deswegen sehr gefragt, weil mit einem höheren Bildungsabschluss die Chancen auf dem Arbeitsmarkt deutlich steigen. Etwa für Lehramtsstudierende, für die der Master Voraussetzung für den Berufseinstieg ist. Laut HRK sollen sie deswegen nach dem Bachelor-Examen das Anrecht auf ein weiterführendes Studium haben.
Der Ansturm auf die Masterstudiengänge wird voraussichtlich in den nächsten Jahren deutlich zunehmen. Im Sommer kommenden Jahres wird die Wehrpflicht ausgesetzt. Außerdem verlassen in Niedersachsen sowie in Bayern wegen der Gymnasialzeitverkürzung von dreizehn auf zwölf Jahre doppelte Abiturjahrgänge die Schulen. Die wachsende Zahl der Studienanfänger, die dieses Jahr einen Rekordwert von rund 442 600 Erstsemestern erreichte, könnte deswegen noch einmal enorm ansteigen. Die HRK rechnet im Jahr 2011 mit 30 000 bis 40 000 zusätzlichen Studienanfängern.
Die Masse der Bachelor-Absolventen wird sich erst in den kommenden Semestern für den Master bewerben. Wenn also nicht möglichst schnell mehr Plätze in den Masterstudiengängen geschaffen werden, verschärfen sich zwangsläufig die Zulassungsbeschränkungen.
Die HRK will so viele Plätze wie möglich für ein weiterführendes Studium zur Verfügung stellen. Dabei sieht sie die Länder in der Pflicht, diese Studienplätze auszufinanzieren. »Doch die Länder haben bereits jetzt Probleme, ihren finanziellen Verpflichtungen nachzukommen«, kritisierte Wintermantel. Die Finanzlage der Hochschulen sei deswegen prekär. Um diesem Problem beizukommen, forderte die HRK-Präsidentin, die Hochschulpakte, an denen sich Bund und Länder beteiligen, deutlich aufzustocken. Die darin vorgegebenen Studienanfängerzahlen wurden nämlich bei Weitem übertroffen. Das Bundesbildungsministerium will dieser Forderung nun entgegenkommen, wie Ministerin Annette Schavan (CDU) am Mittwoch bestätigte. Die Weiterentwicklung des Hochschulpaktes werde im Sommer 2011 erfolgen.
Studierende 2010
- Rund 442 600 Erstsemester nahmen ein Studium auf.
- In diesem Wintersemester sind rund 2,2 Millionen Studierende eingeschrieben.
- Laut Hochschulpakt sollte es von 2007 bis 2010 91 000 zusätzliche Studienanfänger geben, jetzt sind es 156 000.
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