Bolkestein-Rechtslinie

Frits Bolkestein ist in die Schlagzeilen zurückgekehrt. Jener Bolke-stein, der vor sechs Jahren, damals noch als Mitglied der EU-Kommission, die Richtlinie zur Liberalisierung des europäischen Dienstleistungssektors vorlegte. Der Versuch, damit nahezu die gesamte Branche, einschließlich der öffentlichen Daseinsvorsorge, dem freien Spiel der Marktkräfte zu unterwerfen, hatte Mitte des Jahrzehnts zu heftigen Protesten geführt.

Nun hat der Ex-Kommissar erneut für Aufregung gesorgt. Mit »Besorgung« riet der Niederländer in einem Interview seinen jüdischen Landsleuten, ihre Kinder doch zur Auswanderung anzuhalten. Natürlich nur zu deren eigenem Schutz. Schließlich seien die »bewusste jüdische Lebensweise« und die damit verbundene Kleidung ein rotes Tuch für die wachsende Zahl muslimischer Einwanderer.

Mit seinem Ratschlag hat der Ex-Kommissar sogar Islam-Verteufler Geert Wilders rechts überholt. Dieser hatte auf der Welle sozialer Spannungen und ungelöster Integrationsprobleme seine Freiheitspartei zu einer solchen politischen Bedeutung geführt, dass inzwischen selbst die Regierung von deren Duldung abhängig ist. Dass heute über die Hälfte der Niederländer den starken Zuzug von Moslems für einen Fehler hält, ist nicht zuletzt der Wilders-Propaganda geschuldet. Da, so spekuliert Bolkestein, muss die These von muslimischen Zuwanderern, die per se antisemitisch und aggressiv sind, auf fruchtbaren Boden fallen. Und letztlich wären damit gleich zwei Bevölkerungsgruppen zu unerwünschten Personen in den Niederlanden erklärt: Muslime und Juden.

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