Weiterer DHKP-C-Prozess zu Ende
Anwälte kündigen Revision gegen Verurteilung an
Acht Monate dauerte die Verhandlung um drei Funktionäre der türkischen DHKP-C am Oberlandesgerichts Düsseldorf. Am Donnerstag wurden eine Frau und zwei Männer zu Haftstrafen verurteilt, Nurhan E. als »Rädelsführerin« zu sieben Jahren und neun Monaten Gefängnis, Cengiz O. und Ahmet I. zu fünfeinhalb bzw. drei Jahren Freiheitsstrafe. Die Anklage hatte für Nurhan E. zehn Jahre gefordert, die Verteidiger hatten auf Freispruch plädiert.
Seit ihrer Gründung im Jahre 1994 habe die DHKP-C in der Türkei zahlreiche Mord-, Brand- und Sprengstoffanschläge begangen, sagte der Vorsitzende Richter Ottmar Breidling. Die seit 1998 in Deutschland verbotene »Revolutionäre Volksbefreiungspartei/- front« (DHKP-C) will den türkischen Staat zerschlagen und ein marxistisch-leninistisches System errichten.
Die drei Verurteilten sollen als hohe Führungskader der sogenannten »Rückfront« der DHKP-C in Europa unter der Tarnung eines türkischen Kulturvereins Gelder für die Guerilla gesammelt, Propaganda betrieben sowie Kämpfer und Mitglieder rekrutiert haben. Nurhan E. wurde auch Waffenschmuggel angelastet. Sie habe als Deutschland-Chefin der DHKP-C gegenüber den beiden Mitangeklagten Weisungsbefugnis gehabt.
Seit Jahren wurde das Trio von Polizei, Verfassungsschutz und Bundesnachrichtendienst beobachtet. Die Anklage stützte sich auf Material von Hausdurchsuchungen und Überwachungsmaßnahmen sowie auf einen Hauptbelastungszeugen, der als V-Mann für den BND und möglicherweise auch für den türkischen Geheimdienst MIT arbeitete und selbst demnächst vor Gericht stehen wird. In den Niederlanden waren Dateien im Umfang von 1,2 Terabyte gefunden worden, die die Bundesanwaltschaft als »Archiv« der DHKP-C wertet.
Die Verteidigung erklärte, ihre Mandanten seien Vorstandsmitglieder des Vereins »Anatolische Föderation e.V.«, der legale Aufklärungs- und Unterstützungsarbeit für Migranten in Deutschland und politische Gefangene in der Türkei leiste.
Richter Breidling sah es dagegen als erwiesen an, dass die Drei wussten, dass die von ihnen gesammelten Gelder und andere Unterstützungsmaßnahmen der Guerilla zukommen. Er verwahrte sich gegen Vorwürfe, ein politisches Verfahren geführt zu haben. Man verfolge die DHKP-C-Aktivisten wegen der Anschläge, nicht wegen ihrer politischen Gesinnung, betonte der Richter.
Die Anwälte von Nurhan E. kündigten Revision vor dem Bundesgerichtshof an. Sie kritisieren, dass Belastungszeugen von Bundesnachrichtendienst und Verfassungsschutz wegen der Weigerung der Behörden nicht persönlich befragt werden konnten.
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