2015 im Schnellzug durch Laos
China wählt für die Trasse gen Süden den Weg durchs laotische Bergland
Laos, das bisher lediglich über eine dreieinhalb Kilometer lange Anbindung an das thailändische Eisenbahnnetz verfügt, wagt gleich den Sprung ins High-Tech-Zeitalter. 421 Kilometer lang wird die Strecke von der Nordgrenze des Landes bis nach Vientiane. Ungerechnet rund fünfeinhalb Milliarden Euro soll die Strecke durch gebirgiges Terrain kosten. Sie soll fünf Haupt- und 21 Nebenbahnhöfe erhalten und über den Mekong weiter nach Thailand führen. Vier Jahre sind für den Bau veranschlagt, denn zum 40. Jahrestag der Volksdemokratischen Republik im Dezember 2015 soll der erste Zug in Vientiane einfahren.
Die Planer sehen für den Schnellzug Tempo 250 vor, die ganze Strecke würde also in weniger als zwei Stunden zurückgelegt werden. Ein laotischer Traum vom Eisenbahnzeitalter ginge in Erfüllung.
Dabei könnte Laos ein so großes Projekt weder technisch noch finanziell meistern. Das besorgt der große Nachbar China, der einer Trassenführung durch das befreundete Laos den Vorzug vor anderen Varianten gab. Jede andere Entscheidung hätte Laos verkehrstechnisch wohl auf längere Zeit auf dem Abstellgleis gelassen. Mit großem Bahnhof wird deshalb auch schon der erste Spatenstich gefeiert, der symbolträchtig auf den 25. April gelegt wurde, den 50. Jahrestag der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Laos und der Volksrepublik China. Von diesem Zeitpunkt an werden chinesische Baufirmen chinesisches Geld auf laotischem Gebiet verbauen.
So sehr die laotische Regierung das Projekt auch als Initialzündung für eine neue Phase der wirtschaftlichen Entwicklung des Landes herausstreicht, ist es doch nur ein Teilstück der chinesischen Wirtschaftsstrategie gegenüber den ASEAN-Staaten. Der Vereinbarung über die Schaffung der größten Freihandelszone Asiens folgt die Entwicklung der erforderlichen Infrastruktur. Die Hochgeschwindigkeitstrasse vom südchinesischen Kunming bis nach Singapur ist damit Teil eines größeren Ganzen.
Schon vor Monaten hatte sich auch das thailändische Parlament mit dem Plan befasst und der Regierung Verhandlungsvollmacht gegeben. Die sieht sich inzwischen wachsendem chinesischen Druck ausgesetzt, die Voraussetzungen für den Baubeginn im Frühjahr 2011 zu schaffen. Wenn China seinen ehrgeizigen Zeitplan einhält, woran kaum jemand zweifelt, macht der Festzug 2015 in Vientiane nur einen Zwischenstopp, denn die 700 Kilometer bis Bangkok sollen zeitgleich fertig sein.
Thailand verfügt über ein eigenes Eisenbahnnetz, doch das Schmalspurnetz braucht dringend eine Generalüberholung, um modernen Anforderungen zu genügen. China ist sich dessen bewusst, denn die Volksrepublik bot nicht nur die Transitstrecke im Anschluss an die laotische an. Verhandelt wird über fünf Schnellbahnstrecken mit einem Gesamtinvestitionsvolumen von knapp 20 Milliarden Euro. Thailand wünscht langfristige Kredite zu ähnlichen Bedingungen, wie sie Laos erhält. China möchte eine langfristige Betriebsgenehmigung für eine thailändisch-chinesischen Gemeinschaftsfirma. So wie die Dinge stehen, wird man sich wohl einigen können.
Da könnte Thailand auch die Fehlinvestition in die existierende Laos-Verbindung verschmerzen. Fünf Millionen Euro, 30 Prozent davon als Geschenk, hatte sich die Thai-Regierung die Verlängerung der Strecke Bangkok-Nongkhai über den Mekong hinweg kosten lassen. Seit März 2010 rollt zweimal täglich ein aus zwei Waggons bestehender Triebwagen über den Fluss hin und zurück und stoppt die Autos auf der von Eisenbahn und Straßenverkehr genutzten Brücke. Gütertransporte sind nicht möglich, weil es auf laotischer Seite keinen Güterbahnhof gibt. Die Pläne dafür liegen auf Eis.
Die laotische Regierung ist inzwischen auch in Bangkok vorstellig geworden: Man möge doch möglichst schnell den Standort der neuen Mekongbrücke festlegen, die ausschließlich dem Schnellbahnverkehr dienen soll. Ob auch die Aus- und Einreiseformalitäten mit Tempo 250 abgewickelt werden, muss sich noch zeigen.
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