Tunesische Regierung scheint einzulenken
Weitere Proteste / Innenminister muss gehen
Tunis/Bern (AFP/dpa/ND). Angesichts der seit Wochen andauernden gewaltsamen Proteste in Tunesien hat die Regierung am Mittwoch erstmals Entgegenkommen signalisiert. Ministerpräsident Mohamed Ghannouchi kündigte in Tunis die Freilassung all derer an, die bei den seit Mitte Dezember andauernden Unruhen festgenommen worden waren. Gleichzeitig wurde die Entlassung von Innenminister Rafik Belhaj Kacem angekündigt. Ferner werde ein Ausschuss eingesetzt, der die von der Opposition und Bürgerrechtlern angeprangerten Fälle von Korruption aufklären soll.
Die Proteste gegen die hohe Arbeitslosigkeit in dem nordafrikanischen Land hatten Mitte Dezember nach der Selbstverbrennung eines jungen arbeitslosen Akademikers begonnen. Seither liefern sich Demonstranten und Sicherheitskräfte in verschiedenen Teilen des Landes immer wieder gewaltsame Auseinandersetzungen, bei denen zahlreiche Menschen ums Leben kamen.
Am Dienstagabend hatten die Proteste die Hauptstadt erreicht. In einem Vorort von Tunis kam es nach Augenzeugenberichten zu Ausschreitungen. Ein Bus sei in Brand gesetzt, mehrere Geschäfte und eine Bank seien verwüstet worden. Die Polizei habe Tränengas eingesetzt.
Zur Gesamtzahl der Opfer liegen unterschiedliche Angaben vor. Die Regierung sprach am Dienstag von 21 Toten, die Internationale Vereinigung der Menschenrechtsligen von mindestens 35 Toten seit dem Wochenende. Anderen Quellen zufolge kamen sogar bis zu 70 Menschen ums Leben.
Auf die tunesische Botschaft in der Schweizer Hauptstadt Bern ist am Mittwochmorgen ein Brandanschlag verübt worden. Ein Feuer sei nicht ausgebrochen und der Sachschaden nur gering, teilte die Kantonspolizei mit. Die Brandsätze seien kurz nach Mitternacht geworfen worden. Die Täter konnten unerkannt entkommen.
Der Hintergrund und der genaue Ablauf der Tat sind unbekannt. Unklar ist deshalb auch, ob es einen Zusammenhang mit den regierungsfeindlichen Protesten in Tunesien gibt.
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