- Wissen
- Biolumne
»Gelman eggs« – die Rache
Jeden Samstag gehe ich auf meinen Markt in Hongkong und decke den wöchentlichen Bedarf an Gemüse, Obst, Fisch und Fleisch. Dort begegne ich regelmäßig Mr. Wong, dem Eiermann. Auch Sie kennen ihn schon seit einer Biolumne im Dezember 2006.
Mr. Wong hat Sorgen, große Sorgen. Seine Spezialität waren bisher teure »Gelman eggs«. Er hatte dazu extra ein Schild gemalt. (Zur Erklärung: Der Cartoon spielt mit dem verbreiteten R/L-Lautproblem »meiner« Chinesen.) Ich habe ihm das mit den aus Deutschland importierten Eiern nie so recht geglaubt: Es fehlten die vorgeschriebenen deutschen Frische-Stempel!
Nun rächt sich seine kleine Gaunerei: Kein Chinese, der auf sich hält, kauft mehr Eier bei Mr. Wong. Die flotte chinesische Eierfrau nebenan dagegen triumphiert laut; auch sie hat voller Stolz ein Plakat gemalt.
Zur Erinnerung: China hatte seine Skandale mit toxischen Chemikalien in Kinderspielzeug, Malachitgrün in Fischen und giftigem Melamin im Milchpulver. Die Welt zeigte mit Fingern auf China. Unverhohlene Schadenfreude bei den Amerikanern.
Das alles habe ich meinen Studenten zur Abschreckung in Umweltchemie-Vorlesungen in voller Breite demonstriert. Doch nun ist der deutsche Professor in Erklärungsnot. Zum Dioxin hatte ich den Seveso-Unfall vorgetragen, aber das war in Italien ...
Dabei war »Made in West Germany« für Chinesen ein absolutes Qualitätslabel. Dann kamen deutsche Autos und deutscher Fußball. Und nun das! China hat soeben wegen des Dioxin-Skandals die Einfuhr von Schweinefleisch und Eiern aus Deutschland verboten, auch in verarbeiteter Form. Die staatliche Behörde für Qualitätsaufsicht in Peking (jaja, die gibt es!) stoppte alle neuen Importe. Waren, die bereits unterwegs nach China sind oder in Häfen lagern, müssen gesondert untersucht werden, bevor sie freigegeben werden können.
Wie die Behörde mitteilte, »wurden die Importe ausgesetzt, um nach den Dioxinfunden in Schweinefleisch und Eiern in Deutschland zu vermeiden, dass Lebensmittel mit schädlichen Substanzen in China in den Umlauf kommen«. 2010 ging allerdings nur rund ein Prozent aller deutschen Fleischexporte ins Reich der Mitte.
Meine Studenten erzählen mir sofort eifrig, dass in China die Verantwortliche für den Milchskandal zum Tod verurteilt wurde. Auch der korrupte Chef der Pekinger Arzneimittelbehörde SFDA wurde nach einem Gerichtsverfahren hingerichtet.
Höchste Zeit für mich, den Spieß umzudrehen und von den DNA-Tests in den USA zu erzählen, die einige Unschuldige vor dem Henker bewahrt hatten.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.