Warum Hunger in Angola?

Petra Meyer

  • Lesedauer: 3 Min.
Die Journalistin ist Leiterin der Medien- und Öffentlichkeitsarbeit bei der unter anderem in Angola tätigen Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen.
Im südlichen Afrika droht eine Hungersnot. In Malawi, Simbabwe und auch Angola. Dabei versprach doch gerade in Angola der Waffenstillstand vom 4. April Hoffnung auf ein Ende des Leidens. Was sind die Ursachen für die akute Krise?
Die drohende Hungersnot im südlichen Afrika und die derzeitige Ernährungskrise in Angola haben nichts miteinander zu tun. In Angola handelt es sich nicht um eine Naturkatastrophe. Die dramatische Unterernährung dort ist direkte Folge der Kriegsstrategie der UNITA-Rebellen sowie der Regierung. Beide Kriegsparteien haben vor allem seit Ende 1998 eine Strategie der verbrannten Erde verfolgt: Sie haben die Menschen aus ihren Gebieten vertrieben, ihr gesamtes Hab und Gut vernichtet und die Felder verbrannt, teilweise auch vermint. Die Vertriebenen konnten somit weder in ihre Dörfer zurückkehren noch Nahrungsmittel anbauen.

Und warum kommt es jetzt zu dieser Zuspitzung in Angola?
Weil erst jetzt der Zugang zu den so genannten »grauen Zonen« möglich ist. Das sind Gebiete, die vorher unter UNITA-Kontrolle waren und die über drei Jahre völlig unzugänglich für humanitäre Organisationen gewesen sind. Erst seit dem Waffenstillstandsabkommen ist es Ärzte ohne Grenzen möglich, in diese Zonen vorzudringen. 500000 Menschen leben schätzungsweise in diesen Regionen, genaue Zahlen gibt es leider nicht. In den Gebieten, die unsere Mitarbeiter bislang besuchen konnten, haben sie eine allgemeine Unterernährung von über 40 Prozent festgestellt, mehr als zehn Prozent davon sind schwer unterernährt. In einigen Dörfern gab es keine Kinder unter fünf Jahren mehr - sie waren alle gestorben. Die Todesraten liegen teilweise bei fünf Menschen pro 10000 am Tag. Die Schwelle, die eine akute Krise bezeichnet, liegt bei einem Toten pro 10000 täglich. Kurzum: Die Situation ist sehr dramatisch und alarmierend.

Welche Rolle spielt die UNO?
Ärzte ohne Grenzen hat das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen als auch das UN-Koordinierungsbüro OCHA kritisiert, dass sie nicht genügend Anstrengungen unternommen haben, um die Unterernährung in diesen grauen Zonen zu bekämpfen. Ärzte ohne Grenzen kann allein dieser Situation nicht Herr werden. Wir brauchen dringend allgemeine Nahrungsmittel-Verteilungsprogramme in den neu zugänglichen Gebieten. Es macht ja keinen Sinn, dass wir die Kinder in unseren Ernährungszentren wieder aufpäppeln, um sie dann in die Zonen zurückzuschicken, wo es weder für die Eltern noch für die Kinder Nahrungsmittel gibt.

Was macht Ärzte ohne Grenzen?
Ärzte ohne Grenzen arbeitet in 44 Ernährungszentren in elf von 18 Provinzen des Landes. Insgesamt werden ungefähr 14000 Menschen von diesen Ernährungsprogrammen erreicht. Wir sind dort mit 160 internationalen und mehr als 2000 angolanischen Mitarbeitern vor Ort - mehr als in jedem anderen Land der Welt

Verhält sich die Regierung kooperativ?
Unserer Ansicht nach tut die Regierung viel zu wenig, um ihrer Bevölkerung selbst zu helfen. Zudem erschweren Zoll- und Visaprobleme unsere Arbeit. Wir hoffen aber, dass sich dies in den nächsten Wochen verbessern wird.

Fragen: Martin Ling

Spenden: Stichwort Angola, Landesbank Berlin, BLZ 10050000, Kto.: 97097

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