Werbung

Kein Feuer mehr in Brand

Der Bundestrainer grübelt über das Fiasko bei der Handball-WM

  • Mark Wolter, Jönköping
  • Lesedauer: 3 Min.

Es klang ein wenig nach Abschied, als Heiner Brand zum letzten Mal in Jönköping etwas von sich gab. »Das ist eine Entwicklung, von der ich geglaubt habe, sie verhindern zu können. Es hat nicht hingehauen.« Die Suche nach Erklärungen für die Blamage seiner Handballer fiel dem Bundestrainer sichtlich schwer. Umringt von zahlreichen Journalisten krochen die Worte nur mühsam unter dem Schnauzer des 58-Jährigen hervor. »Ich werde einiges analysieren und überlegen, was man besser machen kann. Das betrifft auch personelle Dinge«, sagte Brand vor dem heutigen letzten Spiel seiner Mannschaft bei dieser WM in Schweden – um Platz elf gegen Argentinien.

Die deutschen Handballer werden mit der schlechtesten Platzierung in der nun 14 Jahre währenden Ära Brand nach Hause fahren. Nach dem Titel bei der Heim-WM 2007 ging es zuletzt nur noch bergab: WM-Fünfter 2009 und der zehnte Rang bei der EM 2010, der schon als Tiefpunkt galt. »Wir waren letztes Jahr schon schlecht und jetzt wieder. Der Kopf war nicht frei, so kann man kein Handball spielen«, meinte Rückraumspieler Lars Kaufmann.

Die Halbfinals zwischen Dänen und Spaniern sowie Titelverteidiger Frankreich und Schweden können sich die deutschen Spieler und ihr Trainer nur vor dem Fernseher anschauen. »Gegen Spanien haben wir 52 Minuten geführt und die Schweden haben wir in der Vorbereitung geschlagen«, versuchte Brand, den Abstand zur Weltspitze zu relativieren. Für ein gesamtes Turnier fehle seiner Mannschaft aber die Konstanz und das ausreichende Niveau.

Bei den Blamagen gegen Ungarn und Norwegen fehlte mehr. Vom Willen, das Turnier noch gut zu beenden, war nichts zu sehen. Von einem Trainer, der den Spielern Selbstvertrauen schenken kann, auch nicht. Die Spieler ergaben sich, dem Trainer fehlte das Feuer. »Wir spielen alle bei guten Vereinen in einer starken Liga und können das hier nicht abrufen«, meinte Kaufmann. Der Bundestrainer sieht genau darin eines der Probleme. »Wir haben nicht die Leute, die in den Spitzenvereinen in der Verantwortung stehen. Mitspielen ist etwas anderes als Verantwortung tragen«, so Brand.

Dass in der nach Schweden gereisten Mannschaft mehr steckte als Platz elf oder zwölf, ist aber auch dem Bundestrainer klar. Das Ziel, sich einen der Plätze für die Olympiaqualifikation zu sichern, wurde klar verfehlt. »Man denkt immer auch über die eigene Rolle nach«, sagte Brand. »Ich werde alles mit dem Präsidium besprechen, mit dem ich in den letzten Jahren gut zusammengearbeitet habe und noch arbeite, und mich dann öffentlich dazu äußern.«

Die drei Ausscheidungsturniere für die Spiele 2012 in London werden ohne Deutschland stattfinden. Und dass sich das DHB-Team, das letztmals 1976 Olympia verpasste, im kommenden Jahr in Serbien noch einen der zwei europäischen Plätze für die beiden besten noch nicht qualifizierten EM-Teams sichert, fällt auch dem Bundestrainer schwer. »Zum jetzigen Zeitpunkt würde ich nicht davon sprechen, dass wir gute Aussichten haben, eine Spitzenmannschaft zu werden«, meinte Brand.

Hauptrunde, Gruppe I

Spanien - Ungarn 30:24 (13:13)

Frankreich - Island 34:28 (16:13)

1. Frankreich 5 160:129 9

2. Spanien 5 148:127 9

3. Island 5 137:141 4

4. Ungarn 5 127:147 4

5. Norwegen 5 133:143 2

6. Deutschland 5 124:142 2

Gruppe II

Kroatien - Polen 28:24 (13:11)

Serbien - Argentinien 26:25 (15:13)

Dänemark - Schweden 27:24 (17:11)

1. Dänemark 5 155:131 10

2. Schweden 5 127:124 6

3. Kroatien 5 142:129 5

4. Polen 5 123:129 4

5. Serbien 5 127:139 3

6. Argentinien 5 117:139 2

- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.