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Das Weiße Haus in der Zwickmühle

Soll man Kairo bedrängen oder beschützen?

  • Max Böhnel, New York
  • Lesedauer: 3 Min.
US-Präsident Obama gerät angesichts der Lage in Ägypten zusehends in ein Dilemma. Er sieht sich einerseits genötigt, die Reformbewegung zu unterstützen, will aber das für die USA-Politik strategisch wichtige Land nicht destabilisieren.
Die Massendemonstrationen waren am Donnerstag erstmals USA-Präsident Barack Obama eine Erwähnung in der Öffentlichkeit wert. Vor Youtube-Zuschauern sagte er, die USA sähen in Ägypten ebenso gerne Redefreiheit und Reformen wie gewaltfreie Demonstrationen. Er habe Präsident Hosni Mubarak mehrfach persönlich die Vorzüge politischer und wirtschaftlicher Reformen nahegelegt.

Weniger verständnisvoll gegenüber der ägyptischen Jugend gab sich am Donnerstagabend im Fernsehsender PBS Vizepräsident Joe Biden. Es gebe ein paar »legitime Forderungen« der Demonstranten, aber Mubarak sei kein Diktator, meinte Biden. Die USA hätten Interesse an Stabilität in der Region sowie an verlässlichen Bündnispartnern wie Ägypten, die den Friedensprozess mit Israel fördern. Das USA-Außenministerium wiederum hatte sich in den vergangenen Tagen rhetorisch vorsichtig der Opposition angenähert, ohne sich von Mubarak zu distanzieren. Außenamtssprecher Philip Crowley verwickelte sich dabei am Donnerstag im Fernsehsender »Al-Dschasira« in entsprechend peinliche Widersprüche.

Für die Obama-Regierung hat die Stabilität ihrer Klientelstaaten eindeutig Priorität vor Demokratisierung und Reformen, der Erhalt eines diktatorisch-autoritären Systems Vorrang vor Hinweisen auf die Einhaltung von Menschenrechten. Washington sind die Kairoer Machtstrukturen bekannt, wie aus Wikileaks-Depeschen zu ersehen ist. Mubarak wird von der USA-Botschafterin in Kairo, Margot Scobey, als einsamer Alleinherrscher bis an sein Lebensende gesehen, der seinen Ministern und seinen Geheimdienstchefs wenig Freiraum lässt. Über die Rolle des ägyptischen Militärs ließ sie allerdings nichts verlauten.

Das ägyptische Regime unterzeichnete 1979 ein Friedensabkommen mit Israel. Seitdem flossen 28 Milliarden Dollar Entwicklungshilfe nach Kairo, dazu pro Jahr weitere 1,3 Milliarden Dollar Militärhilfe. Erst im vergangenen Monat beschloss der USA-Kongress diese Summe erneut. Damit ist Ägypten seit Jahrzehnten hinter Israel der zweitgrößte regionale USA-Klientelstaat. Die Medien nennen das Regime dementsprechend »moderat«. Wenn die Diktatur wackelt, wie zur Zeit, blinken in den außenpolitischen Führungsetagen Washingtons sämtliche Alarmlämpchen. Denn es geht um »nationale Sicherheit«.

Der Außenpolitikexperte Blake Hounshell von der Webseite foreignpolicy.org rät den USA-Nahostpolitikern, bevor sie weitere armselige Erklärungen abgeben, zu »großer Nachdenklichkeit«. Er macht auf die Widersprüchlichkeit aufmerksam, sowohl das Regime wie den Ruf nach Freiheit unterstützen zu wollen. Er fragt auch, ob Kairo im Friedensprozess zwischen Israel und den Palästinensern hilfreich war und ob die Muslimbruderschaft tatsächlich von der Machtbeteiligung ferngehalten werden müsse. Wenn die Antwort heute dieselbe bleibt, empfiehlt Hounshell, »dass wir unsere große Klappe halten«.

Der Professor für Politologie Marc Lynch von der George Washington University ist skeptisch, ob das Kairoer Regime ernsthafte Reformen zulassen kann. Er weist auf zahlreiche niedergeschlagene Demonstrationen und Straßenproteste im vergangenen Jahrzehnt hin. Für ihn ist sicher, dass das Regime keine Skrupel hat, die Repression zu verschärfen.

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