Ist der Tiger noch zu retten?
Bis 2022 wollen 13 asiatische Staaten den Großkatzenbestand verdoppeln
Gong Xi Fa Cai! So wünschen sich die Chinesen alles Gute zu ihrem Neujahrsfest, das mit krachenden Böllern und glitzernden Feuerwerken am 3. Februar eingeläutet wurde. Das neue Jahr steht im Zeichen des Hasen, der den Tiger als Jahrestierkreiszeichen ablöst.
Für die derzeit noch lebenden 3200 asiatischen Großkatzen war das Jahr des Tigers vor allem ein Jahr der Verlautbarungen. Im November wurde auf dem Gipfeltreffen der dreizehn Staaten, in denen noch Tiger leben, in St. Petersburg ein ganzes Bündel von Programmen gegen Wilderei und Urwaldzerstörung beschlossen. »Das Rettungsprogramm ist ein gewaltiger Schub für die Tiger«, zieht Michael Baltzer, Chef der »Alive Initiative« des WWF, als Bilanz des Tigerjahres.
Tatsächlich zeigte der Gipfel etwas, was Umweltschützer oft vergeblich suchen: den politischen Willen der Regierungen, sich für den Tier- und Umweltschutz einzusetzen. Das Treffen von St. Petersburg verdient sogar das Etikett »historisch«. Nie zuvor hat es eine Konferenz auf der Ebene von Regierungschefs zur Rettung einer einzelnen Tierart gegeben.
Jetzt gilt es, den politischen Willen in konkretes Handeln umzusetzen. Geld zur Finanzierung der Maßnahmen muss her. Baltzer schätzt den Finanzbedarf auf 35 bis 50 Millionen US-Dollar jährlich zusätzlich zu den bereits zur Verfügung stehenden Mitteln. Das Geld soll von der Regierung sowie von internationalen Organisationen wie der Weltbank kommen.
Mit Geld und politischem Willen alleine ist es aber nicht getan. Programme müssen umgesetzt, wissenschaftlich begleitet und Gesetze über Schutzzonen oder gegen Wilderei von Polizei und Behörden durchgesetzt werden. Daran hapert es in den notorisch korrupten und von schlechter Regierungsführung geplagten Tigerstaaten zwischen Indien und Vietnam, Myanmar und Indonesien. Baltzer räumt ein, dass die Rettung der Tiger ein ambitioniertes Unterfangen ist. »Wir sehen uns gewaltigen Herausforderungen gegenüber.« Um diese besser meistern zu können, hatte im vergangenen Herbst ein Wissenschaftlerteam der Universität Cambridge einen radikalen Tigerrettungsplan veröffentlicht: die Sechs-Prozent-Lösung. Kurz gesagt: alle Kraft und alles Geld sollte auf rund 50 Kerngebiete für Tiger in sechs Ländern konzentriert werden. Das sind solche Gebiete mit mindestens 25 gebärfähigen Tigerweibchen. So könnte das Ziel der nachhaltigen Vermehrung und damit der Bewahrung der majestätischen Tiere vor der Ausrottung am ehesten erreicht werden.
Baltzer findet den Plan gut. »Wir arbeiten eng mit diesen Wissenschaftlern zusammen«, betont der Tigerexperte. Aber er gibt auch zu, dass diese Fokussierung in dem Tigerprogramm von St. Petersburg »nicht völlig« gelungen ist. Bleibt trotzdem zu hoffen, dass der Petersburgplan trotz seines Gießkannenprinzips zum Erfolg führt.
Den Tigern ist zu wünschen, dass die Regierungen sich im Hasenjahr nicht hasenfüßig zeigen und den Tigerplan von St. Petersburg umsetzen. Vielleicht wird 2022 dann ein Jubeljahr für die Großkatzen.
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