Federnde Wölbung half gehen

Fußknochen gibt Einblick in Entstehung des aufrechten Gangs

  • Walter Willems
  • Lesedauer: 3 Min.

Der Beginn des aufrechten Gangs ist ein Schlüsselmoment der Menschwerdung. Ein in Äthiopien entdeckter Fußknochen zeigt, dass schon vor mindestens 3,2 Millionen Jahren Vorfahren des Homo sapiens dauerhaft auf zwei Beinen liefen und nicht mehr auf Bäumen lebten. Dies berichten US-Forscher im Fachjournal »Science« (Bd. 331, S. 750). Mit der neuen Fortbewegungsweise konnte der Australopithecus afarensis die Wälder verlassen und neue Lebensräume erschließen.

Berühmtester Vertreter dieses menschlichen Ahnen ist Lucy. 1974 entdeckten Anthropologen im nordäthiopischen Hadar das Skelett dieser Frau, die vor etwa 3,2 Millionen Jahren lebte. Der Fund zeigte, dass der Australopithecus im Verhältnis zum Homo sapiens ein kleineres Gehirn und einen kräftigeren Kiefer hatte, mit dem er auch Samen, Nüsse und Wurzeln verzehren konnte. Aber wegen der fehlenden Fußknochen stritten Forscher seit Jahren darüber, ob Lucys Artgenossen noch in den Bäumen lebten oder schon aufrecht gingen.

Die Antwort auf diese Frage liefert nun der ebenfalls in Hadar freigelegte Mittelfußknochen. Der gut erhaltene Fund zeigt erstaunliche Parallelen zur Anatomie des modernen Menschen. Als einziger lebender Primat hat der Homo sapiens einen gewölbten Fuß. Bei Menschenaffen ist dieser dagegen flexibel und mit einem extrem mobilen großen Zeh versehen, so dass sich die Tiere gut im Geäst festklammern können.

Der 3,2 Millionen Jahre alte Fund zeigt, dass auch Lucys Artgenossen anders als Menschenaffen gewölbte Füße hatten. Der Mittelfußknochen, der den Übergang von der Fußwurzel zu den Zehen bildet, fällt nach vorne hin deutlich ab. »Gewölbte Füße sind ein Schlüsselelement des menschenartigen Gangs, denn sie federn Stöße ab und bilden zudem eine feste Grundlage«, sagt Studienleiterin Carol Ward von der Universität von Missouri in Columbia. »Aber damit konnte man den großen Zeh nicht mehr zum Umklammern von Ästen verwenden«, erläutert die Anatomin und folgert: »Unsere Vorfahren hatten das Leben in den Bäumen endgültig aufgegeben, um auf dem Boden zu leben.« Der Vorteil: Bei Bedarf konnten die menschlichen Ahnen damals die Wälder verlassen, um etwa in Steppen oder Savannen nach Nahrung zu suchen. »Für unsere Vorfahren waren Fußwölbungen schon genauso wichtig wie für uns«, sagt Ward.

Einen Übergang zwischen dem Leben auf Bäumen und dem aufrechten Gang bildet möglicherweise der Ardipithecus ramidus. Der bevölkerte Afrika vor etwa 4,4 Millionen Jahren und ist der früheste menschliche Ahne, von dem Knochenreste gefunden wurden. Zwar konnte auch dieser Hominine bei Bedarf vermutlich schon auf zwei Beinen laufen. Aber der bewegliche große Zeh deutet darauf hin, dass der Ardipithecus noch viel Zeit in Bäumen verbrachte.

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