Die Tiere bleiben Italiener

Südtiroler Volkspartei will Bären mit Migrationshintergrund ausbürgern

  • Anna Maldini
  • Lesedauer: 3 Min.
Ausländer raus! Dies ist einer der bekanntesten Slogans der italienischen Lega Nord. Jetzt hat sich auch die Südtiroler Volkspartei diesem Motto angeschlossen. Ihr geht es dabei aber in erster Linie um Bären – um ausländische Bären versteht sich.

Dass man in Deutschland nicht die besten Beziehungen zu den Bären aus dem benachbarten Ausland hat, ist spätestens seit der Affäre um den »Problembären« Bruno bekannt. Jetzt wollen es die Lega Nord und die deutschsprachige Partei aus Südtirol ihren bayerischen Nachbarn gleich tun. Sie wollen die angeblichen slowenischen Braunbären zum Abschuss freigeben, die mit viel Geduld und auch viel Geld im Rahmen des europäischen Programms »Ursus« in den norditalienischen Alpen angesiedelt wurden.

Diese »ausländischen Bären ohne Aufenthaltserlaubnis« bedrohen die Einheimischen, so heißt es in einem Antrag, den die beiden italienischen Parteien im Dreierlandtag eingebracht haben, in dem Vertreter aus Südtirol, Tirol und aus Trentino sitzen und in dem Vorarlberg einen Beraterstatus hat. Der Antrag wurde in der vorbereitenden Sitzung angenommen, und man wird auf der Hauptversammlung am kommenden 30. März in Meran offiziell darüber diskutieren.

Nun ist die ganze Geschichte hinten und vorne absurd und wäre eigentlich nur etwas für eine Satiresendung, wenn sie nicht noch einmal die Ausländerfeindlichkeit und den Rassismus der Lega dokumentieren würde – und damit bitterernst ist. Die Bären sind in Norditalien eine vom Aussterben bedrohte Art und besonders geschützt.

Das war schon in den dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts so und wurde dann noch einmal mit der Berner Konvention von 1979 bestätigt. Später nahm sich dann die damalige Europäische Gemeinschaft des Problems an. Da es nur noch drei und zudem auch noch drei männliche »italienische« Bären gab, beschloss man, einige ihrer Artgenossen aus Slowenischen auszuwildern. 1999 waren es Masun und Kirka und bis 2002 kamen dann weitere acht »Kuscheltiere« dazu. Das Ganze war ein voller Erfolg: Inzwischen leben in den Tiroler Alpen etwa 30 Exemplare, womit – so die Experten – das Überleben der Art zwar noch nicht gesichert ist, aber doch schon gute Voraussetzungen bestehen.

Doch die Lega findet das zu viel des Guten. Die slowenischen Bären sollen jetzt weg. Und dabei ist es den norditalienischen Politikern wohl vollkommen egal, dass es sich ja um Bären handelt, die alle auf italienischem Boden zur Welt kamen. Ihre Eltern und Großeltern wurde aus Slowenien »importiert« und sie kamen nicht illegal ins Land, sondern mit Aufenthaltsgenehmigung (sprich: Identifikationschip) und sogar auf Anfrage der Italiener selbst. Also handelt es sich – will man im menschlichen Sprachgebrauch bleiben – um eingebürgerte Bären mit Migrationshintergrund …

»Die Tiere sind und bleiben italienisch«, meint der Provinzabgeordnete der Grünen im Trentino Roberto Bombarda. Außerdem sei diese Polemik sowieso absurd. »Wem sollen wir denn die in Italien geborenen Bären zurückgeben? Etwa Slowenien. Und mit welcher Begründung?« Möglicherweise, so der Regionalpolitiker, stellen die Bären ja tatsächlich ein Problem für die Bevölkerung da. Aber dann sollte man auch ernsthaft darüber diskutieren und keinen Schwachsinn reden. »Provokationen und Slogans sollte man einfach ignorieren.«

Aber genau das wird der Dreierlandtag Ende März nicht tun. Man wird sich tatsächlich mit dem Antrag von Lega Nord und Südtiroler Volkspartei zur »Abschaffung« der »ausländische« Bären auseinandersetzen.

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