Zivile Pläne für Afghanistan
Friedens- und Entwicklungsorganisationen wollen künftig stärker zusammenarbeiten
Gruppen aus der Friedensbewegung und entwicklungspolitische Organisationen haben am Wochenende in Hannover zum ersten Mal gemeinsam über Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der Positionierung zum Krieg in Afghanistan diskutiert. Auf die selbst gestellte Frage, ob man sich vielleicht zu früh oder im Gegensatz gar neun Jahre zu spät getroffen habe, sagte ein Sprecher, es sei »gerade noch zur rechten Zeit« gewesen.
Dass Bedarf für gemeinsames Handeln besteht, zeigte sich in vielen Redebeiträgen, die ein katastrophales Bild von der Lage in Afghanistan zeichneten. Afghanistan sei das zweitärmste Land der Welt, die Menschenrechte, insbesondere die Rechte der Frauen, würden nicht gewährt, die staatlichen Strukturen seien die korruptesten der Welt und die Polizei eher ein Sicherheitsproblem als Teil irgendeiner Lösung. Thomas Gebauer von der Entwicklungshilfeorganisation medico international betonte, eine klare Position der deutschen Zivilgesellschaft sei auch deshalb gefordert, weil die Bundesrepublik derzeit die Afghanistan-Beratungen im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen koordiniert.
Es mag verwundern, dass der Austausch erst jetzt passiert. Aber die Herangehensweisen an den Afghanistankrieg sind verschieden. Das zeigte sich auch auf der Tagung. So warfen Teilnehmer aus der Friedensbewegung den entwicklungspolitischen Organisationen vor, ihre humanitäre Arbeit sei – wenn auch ungewollt – Bestandteil zivilmilitärischer Strategien der Bundesregierung. Umgekehrt musste sich die Friedensbewegung sagen lassen, sie sei nicht genug an den Bedürfnissen der Menschen in Afghanistan interessiert.
Die Ziele für das Treffen waren deshalb im Vorfeld zurückhaltend
gesetzt worden. Es ging darum, überhaupt erstmal miteinander ins
Gespräch zu kommen. Ob man sich auf Positionen oder Aktionen
verständigen können würde, darüber bestand Skepsis. Bodo von Borries, in der Geschäftsstelle des entwicklungspolitischen Dachverbandes VENRO zuständig für Afghanistan, zeigte sich in seinem Resümee erfreut darüber, dass die Konferenz gemessen an seinen Erwartungen sehr viel erreicht habe. Manche Differenzen blieben zwar bestehen. So fürchten einige entwicklungspolitische Organisationen, dass ein sofortiger Abzug der westlichen Truppen die in den Projekten erreichten Fortschritte bei den Menschenrechten gefährden könnte. Geteilt wurde dagegen die Forderung nach einem sofortigen Waffenstillstand in Afghanistan und nach Förderung der afghanischen Zivilgesellschaft, weil die Afghanen selbst über ihre Zukunft bestimmen sollen. Einigkeit bestand darüber hinaus darin, dass ein Abzug nicht das Ende des Interesses für die Probleme Afghanistans bedeuten dürfe.
Die Konferenz brachte auch eine konkrete Verabredung für die So ist ein gemeinsames Alternativprogramm zur internationalen Afghanistankonferenz im Herbst dieses Jahres in Bonn geplant.
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