Seltene Drillinge
Tierpflegerin zieht Berberlöwen groß
Ausgelassen toben die drei Löwenbabys zwischen Decken, Stofftieren und Holzbänken. Immer wieder suchen sie aber die Nähe ihrer »Mama« – und kuscheln sich auf dem Schoß von Petra Becker eng zusammen. Die Tierpflegerin kümmert sich Tag und Nacht um die kleinen Berberlöwen, die im Januar im Zoo Neuwied per Kaiserschnitt zur Welt kamen. Löwenmutter Mali konnte nach der Operation keine Beziehung zu den Kleinen aufbauen und erkennt sie heute nicht als ihre Kinder. Daher ist Becker als Ersatzmama eingesprungen: »Ich bin ganz verliebt in die Tiere«, sagt die 34-Jährige und drückt Muttersöhnchen Kato fest an sich.
Die Löwenbande ist erst mal bei Becker im Haus eingezogen. Sie wohnen im Wohn- und Schlafzimmer. Und stellen inzwischen allerhand auf den Kopf. »Am Anfang haben sie fast nur geschlafen«, erzählt die Pflegerin. Doch jetzt nagen und kratzen sie an allem, was sie unter Zähne und Tatze kriegen. »Es sieht aus wie auf einem Schlachtfeld.« Auch Beckers Unterarme sind gut verkratzt. Die Aufgabe ist ein Vollzeitjob: Viermal am Tag gibt es Fläschchen plus inzwischen einmal eine fein zerkleinerte Fleischmahlzeit.
Tagsüber nimmt Becker ihre »Babys« in Hundeboxen im Auto mit zur Arbeit in den Zoo, wo sie im Löwenhaus ein eigenes Spielzimmer haben. »Das Besondere ist, dass es drei sind«, sagt Becker. Aber: »Es ist auch besonders anstrengend, weil es drei sind.« Wenn man die beiden Jungs Kato und Scratch sowie Schwesterchen Lina beim Spielen beobachte, sehe man jetzt schon wichtige Verhaltensweisen, die auch ein großer Löwe an den Tag lege. Etwa beim Kämpfen oder Beutemachen. »Wenn es um die Flasche geht, da können sie schon richtig, richtig böse werden«, sagt sie. Das Wilde wolle den Jungtieren auch niemand aberziehen. »Das sind keine Schmusetiere, das sind Löwen. Und das darf man auch nicht vergessen.«
Im Zoo Neuwied leben rund 1200 Tiere und 155 Arten, darunter auch Schimpansen, Zebras, afrikanische Huftiere und die mit 50 Stück größte Herde von grauen Riesenkänguruhs außerhalb von Australien. Auch wenn die Drillinge bisher nur einmal am Tag kurz im Zoo gezeigt werden, sind sie jetzt schon die absoluten Stars. »Ständig fragen die Besucher nach ihnen«, sagt Zooinspektorin Jasmin Mühlisch. Noch seien die Temperaturen zu kalt, aber Ende März, Anfang April sollen die Löwenkinder dann länger draußen zu sehen sein. Außerdem sind es nicht nur irgendwelche Löwen: »Das sind nordafrikanische Berberlöwen. Davon gibt es auf der ganzen Welt nur etwa 60 bis 70 Tiere. Und nur in zoologischen Gärten«, erklärt die Biologin.
Wogen die Löwenjungen bei der Geburt gerade mal rund 1,5 Kilogramm, bringt jetzt jeder fast sieben Kilo auf die Waage. Die hinteren Reißzähne wachsen – und damit kommt auch die Zeit des Abschieds von »Mama« Becker näher. »In zwei, drei Wochen werden sie in den Zoo einziehen«, sagt sie. Klar werde sie sie dann vermissen. Aber die besondere Beziehung zwischen Tierpfleger und Jungen bleibe. Das weiß sie aus Erfahrung, denn 2004 hat sie schon einmal ein Löwenweibchen aufgezogen: Lubaya, das heute im Zoopark Erfurt lebt. »Sie erkennen einen später immer noch.« Nur mit dem gemeinsamen Spielen und Kuscheln ist dann Schluss. »Das wäre mit einem 150-Kilo-Tier viel zu gefährlich.«
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