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Mein Feind, der Baum?
The Tree
Mancher redet mit dem Grab eines verstorbenen Angehörigen. Und mancher mit dem Baum vor der Haustür. Simone (Morgana Davies) ist acht, ihr Vater ganz plötzlich gestorben, und Simone sich ziemlich sicher, dass er nun vom Baum vor der Haustür aus über seine Familie wacht. Ihre vor Trauer gelähmte Mutter Dawn (Charlotte Gainsbourg) würde das auch gerne glauben – ein Baum, der hat fraglos etwas Tröstliches.
Zum Problem wird die heilende Kinderfantasie allerdings, als Dawn sich in ihrem Arbeitgeber einen neuen Partner sucht, den handfesten, zupackenden George (Marton Csokas). Denn nun will Simone die Krone des Papa-Baumes am liebsten gar nicht mehr verlassen – und auch der Baum scheint mit steigender Eifersucht Wache darüber zu wachen, dass aus der Familie, die der Vater zurückließ, nicht etwa eine neue Einheit wird.
Eigentlich wollte die französische Regisseurin Julie Bertucelli (»Seit Otar fort ist«) einen Roman von Italo Calvino verfilmen, nicht einen Roman der australischen Akrobatin, Komikerin und Autorin Judy Pascoe. Aber weil Calvino vor seinem Ableben für seine Werke ein Adaptionsverbot ausgesprochen hatte, war an etwaige Verfilmungsrechte von »Der Baron auf den Bäumen« nicht heranzukommen. Dann las Bertucelli »Erzähl mir, großer Baum...«, den Pascoe-Roman. Ein Baum als Rückzugsort vor den Zumutungen der Welt spielte auch darin eine wesentliche Rolle, also versuchte Bertucelli es damit. Allerdings waren da die Filmrechte zwar potenziell zu haben gewesen, aber bereits vergeben. Ein Problem, das sich beilegen ließ, denn die australische Produktionsgesellschaft hatte noch keinen Regisseur engagiert, das Buch nun auch tatsächlich zu verfilmen. Bertucelli versuchte ihr Glück, bekam den Zuschlag (unter dem Namen Julie Bertuccelli, warum auch immer) – und musste sich nun nur noch mit den Widrigkeiten einer franko-australischen Koproduktion herumschlagen, die auf beiden Seiten der Welt um Fördermittel bemüht war.
Sie habe einen Film über das Leben machen wollen, nicht über den Tod, sagt die Regisseurin selbst über ihren – in der Tat ab sechs Jahren freigegebenen – Film. Über das Verhältnis des Menschen zur Natur und ihren Gewalten, über den Schmerz, der irgendwie Teil des Lebens werden muss, damit das Leben weitergehen kann. Moral: ein Baum ist kein Vater – und auch nicht immer ein Freund –, das Glück ist eine Wahl, die man bewusst treffen muss, und wer die Rechte für das eine Buch nicht kriegt, der sucht sich eben ein anderes aus. Zum Wahl als Abschlussfilm fürs Filmfest in Cannes 2010 hat's am Ende auch ohne Calvino gereicht.
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