Mieter wehren sich gegen Schließung der Anlagen

Streit um Müllschlucker in Berlin

  • Lesedauer: 2 Min.

Auf Beschluss des Berliner Senats sollen bis Ende 2013 alle Müllschlucker geschlossen werden. Diese Müllabwurfanlagen sind aber ein wesentlicher Bestandteil der Wohnkultur. Wir haben die Wohnung schon in der DDR mit dieser Einrichtung gemietet. Alle Parteien im Bezirk Marzahn-Hellersdorf setzen sich für den Erhalt dieser Anlagen ein. Was sagt das Mietrecht dazu?
Norbert S., Berlin

Wenn bei Anmietung der Wohnung ein Müllschlucker vorhanden war oder wenn er ausdrücklich im Mietvertrag erwähnt ist, dann gehört seine Nutzung zum vereinbarten Gebrauchsrecht. Vermieter sind daher nicht ohne Weiteres berechtigt, Müllschlucker stillzulegen. Dadurch wäre die Mietsache mangelhaft, und Mieter könnten von ihrem Minderungsrecht (§ 536 BGB) Gebrauch machen, so der Berliner Rechtsanwalt Stefan Pfeiffer – Tel. (030) 364 14 118.

Das Amtsgericht Köpenick hat mit Urteil vom 26. April 2006 (Az. 7 C 403/05) in dieser umstrittenen Frage ähnlich entschieden, nachdem Mieter, die noch einen DDR-Mietvertrag hatten, gegen die Schließung der Müllabwurfanlagen klagten. Das Gericht stellte aber auch fest, dass Mieter keinen Unterlassungsanspruch gegen die Stilllegung der Anlage haben, wenn die im Haus vorhandene Müllabwurfanlage nicht ausdrücklich in den Mietvertrag einbezogen sei.

Als Mietgegenstand sieht das Amtsgericht nur die Wohnung an, deren wesentliche Bestandteile mit sämtlichen Zubehör, wie etwa Räume oder Flächen, die entweder dem Mieter im Mietvertrag ausdrücklich zur alleinigen Nutzung zugewiesen oder für die Nutzung der Wohnung erforderlich sind, wie Flure, Treppen und Aufzüge. Es handele sich bei Müllschluckern lediglich um eine Einrichtung, deren Nutzung den Mietern gestattet sei. Die Erwähnung in der Hausordnung begründe keine weitergehende Rechte, so der Richter. Ein »sowohl-als-auch«-Argu- ment. Denn selbst wenn die Anlage nicht ausdrücklich erwähnt wird, gehört sie zur Mietsache, wenn sie bei Mietvertragsabschluss vorhanden war.

Auch das Amtsgericht Potsdam entschied mit Urteil vom 3. Februar 2000 (Az. 26 C 371/99), dass Vermieter nicht berechtigt seien, eine Müllabwurfanlage stillzulegen, wenn sie bei Beginn des Mietverhältnisses vorhanden war. Das aber würde wegfallen, wenn eine Mülltrennung vorgeschrieben wäre.

Wegen der Bedeutung des Problems wäre es angebracht, wenn der Bundesgerichtshof eine grundsätzliche Entscheidung treffen würde. Allgemein gesehen, ist eine einseitige Veränderung von Mietverträgen nicht zulässig.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -