BKA contra »Zensursula«
FAKTENcheck: Netzsperren gegen Kinderpornos?
Der Konflikt tobte vor zwei Jahren. Und er tobte durchaus heftig: Sollen Webseiten mit kinderpornografischen Inhalten gelöscht werden? Dafür plädierten Linkspartei, Grüne, Liberale und die meisten Netzexperten. Oder ist das unrealistisch, weil die Bilder und Filme meist auf Rechnern im Ausland liegen? Sollten deutsche Internetprovider also lieber den Zugang zu solchen Seiten »sperren«, auf Basis permanent aktualisierter Listen des Bundeskriminalamtes? So argumentierten die Konservativen, allen voran die damalige Bundesfamilienministerin Ursula »Zensursula« von der Leyen – und mit ihnen allzu viele Sozialdemokraten.
Was pragmatisch klingt, wirft ein Problem auf: Für das »Sperren« von Webseiten braucht man eine entsprechende Infrastruktur, die sich, so der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar, »auch für eine umfassende Zensur verwenden ließe«. Und: Die Inhalte würden weiter im Netz kursieren, weswegen technisch versiertere Kinderporno-Konsumenten sich auch weiterhin Zugang zu den kriminellen Inhalten verschaffen könnten.
Nun scheint es, als könnte der Konflikt beigelegt werden. Denn Zahlen des Bundeskriminalamtes (BKA) belegen: Das Löschen der Ekelinhalte, die meist auf US-amerikanischen, russischen und kanadischen Serverrechnern liegen, funktioniert. 68 Prozent aller einschlägigen Inhalte, deren Löschung deutsche Behörden begehren, werden binnen einer Woche entfernt. Nach einem Monat sind 99 Prozent aus dem Netz verschwunden.
Eigentlich ist das Prinzip »Sperren« geltendes Recht, doch wurde das Zugangserschwerungsgesetz qua Ministererlass ausgesetzt. Zunächst für eine Evaluationsphase von einem Jahr. Längst sind Teile der Union, darunter die Junge Union und Ex-Innenminister Thomas de Maiziere, auf Distanz zum alten Konzept des »Sperrens« gegangen. Doch das ist damit noch nicht Geschichte. Denn das BKA verfährt seit einiger Zeit nach dem Motto »Sperren bis zur Löschung«. Begründung: Bis zum Löschen der Webseiten hätten diese »immense Zugriffszahlen«. Sie blieben eine »zu lange Zeit aufrufbar«. Das gut informierte Weblog netzpolitik.org macht dafür die Bürokratie verantwortlich: »Einem zeitnahen Löscherfolg stehen regelmäßig bereits die Laufzeiten des offiziellen Dienstweges gegenüber.«
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