Laue Story um Robin

Oper Erfurt:

  • Roberto Becker
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Erfurter Oper ist nicht nur mit ihren regelmäßigen Uraufführungen, sondern auch beim Ausgraben vergessener Werke eifrig bei der Sache. So etwas ehrt das Haus, hält die Hoffnung auf den Überraschungscoup wach, sichert Medienpräsenz. Freilich kann es passieren, dass sie mit der szenischen Verpackung einen dürren Inhalt und fehlende Substanz ersetzten müssen.

Wer sich beispielsweise – wie jetzt der Götz-Friedrich-Schüler und GZSZ-bewährte Regisseur Jürgen R. Weber – für den »Robin Hood« des Oldenburger Hofkapellmeisters Albert Dietrich (1829– 1908) stark macht, der braucht selbst schon die Qualitäten dieses Rächers der Enterbten. Vor allem seine Frechheit, seinen Charme und ein gehöriges Maß von schrägem britischem Humor. Weber lief nicht nur am Premierenabend mit kariertem Schottenkilt zwischen den Erfurter Premierenbesuchern herum, die er dann (in einem Videofilm) beim Gang ins Theater ausrauben ließ und als Nottinghamer Spießbürger auf der Bühne gehörig auf die Schippe nahm. In dem gleichen Aufzug und mit einem »Robin free« Schild bewaffnet, hatte er sich auch unter die Teilnehmer einer Erfurter Kundgebung gemischt. Und so werden Erfurter Politiker im filmischen Protokoll dieser Aktion zu unfreiwilligen Akteuren auf der Opernbühne. Was ja an sich schon ein netter Witz ist.

Nun kennt zwar jeder Robin Hood – die Story dieses populären Umverteilers von Reichtum neben dem Gesetz ist schließlich oft genug verfilmt worden. Den Komponisten aber, den kennt niemand. Dass das kein Verlust ist, weiß jeder, der diese weder von ihrer Schumann-Verehrung noch von ihrer Wagner-Aversion emanzipierte Musik durchgestanden hat. Johannes Pell und das Philharmonische Orchester präsentieren diese Musik mit sagen wir mal: ironischer Leidenschaft.

Reingehen sollte man trotzdem. Denn es macht sehr viel Spaß. Die Besetzung ist gut. Der in seiner schicken Uniform auf schwul getrimmte Bariton Peter Schöne als König Heinrich Löwenherz und der kraftvolle Tenor Markus Petsch als Objekt seiner Begierde, Robin, führen die Herren des Ensembles überzeugend an. Bei den Damen vermag die Marian von Ilia Papandreou so zu schmachten, dass es auch für eine Lohengrin-Elsa reichen würde. Als deren Freundin Ellen macht auch Christa Maria Dalby gute Figur.

Die Guten und die Bösen (der Sheriff von Nottingham samt Gattinen-Schreckschraube) und der König über allen dürfen mit großer Geste die Oper veralbern und der Regie bei ihrer Rettungsaktion helfen. Weber lässt Robins Truppe wie aus den ersten Verfilmungen musicalreif mit Pfeil und Bogen in eine angedeutete Gegenwart hüpfen und kommentiert vor allem die Lücke zwischen den Robin-Hood-Gewissheiten in unser aller Köpfen und der seichten, völlig entschärften Lovestory auf der Bühne mit lauter flotten Sprüchen: Robin singt von Liebe – sollte er nicht lieber von der Revolution singen?, ist einer davon. Ein wenig Revolte würde ja schon reichen. Auf den Jubel in Erfurt sollte sich der Komponist nichts einbilden, der war nicht wegen, sondern trotz seines Beitrags so euphorisch.

Nächste Vorstellung: 15. April

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