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Kursmanöver in sechs Punkten

Koalition nähert sich Plan zur beschleunigten Energiewende nur zögerlich

  • Uwe Kalbe
  • Lesedauer: 3 Min.
Während in Japan jeder weitere Erdstoß und seine Folgen in den Kühlsystemen der havarierten Atommeiler das Vertrauen in die bisher unumstrittene Atomkraftnutzung erschüttern, melden sich in Deutschland die Befürworter wieder lauter zu Wort. Doch sie wählen ihre Worte zurückhaltend.

Eines scheint in der Union nicht mehr strittig zu sein: Die Energiewende, auf deren Notwendigkeit die Koalition bisher eher als Fußnote zu ihrer Atompolitik verwiesen hat, muss auf jeden Fall kommen, und sie muss schneller kommen. Von den in dem Konzept insgesamt geplanten 60 Maßnahmen sei noch keine einzige in Gesetze und Verordnungen gegossen worden, kritisieren die Grünen – außer der Laufzeitverlängerung der Atommeiler. Doch die Zeiten wandeln sich. Umweltminister Norbert Röttgen wagt nun wieder Plädoyers für den Atomausstieg, die er sich nach der Entscheidung über die Verlängerung der Atomlaufzeiten verkniffen hatte. Schon damals lästerte die Opposition im Bundestag, er sei umgeknickt – will sagen: Eigentlich vertrete auch Röttgen eine atomkritische Haltung. Jetzt nimmt der Minister kein Blatt vor den Mund, wenn er am Wochenende verkündete: »Union und FDP müssen klar sagen: Wir korrigieren unsere Beschlüsse vom vergangenen Herbst.«

Mit Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) hat sich Röttgen zusammengesetzt, um einen Sechs-Punkte-Plan zu entwerfen, nach dem die Bundesregierung vorgehen sollte. Darin wird für einen »schnellen Einstieg in die erneuerbaren Energien« und für eine gleichzeitige »konsequente Steigerung der Energieeffizienz« geworben. Entworfen wird das Bild einer gezielten Förderung von Windanlagen und des schnelleren Ausbaus der Stromnetze. Stärkere steuerliche Anreize sollen die energetische Gebäudesanierung beschleunigen. Ausgerechnet zum Thema Atomkraftnutzung allerdings bleibt die Formulierung vage: »Die Frage der künftigen Nutzung der Kernenergie wird neu bewertet. Wir werden rascher aus der Kernenergie aussteigen. Allerdings muss dies realistisch und mit Augenmaß erfolgen.«

CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe nannte das Papier nach einer Sitzung des CDU-Vorstands am Montag einen »wesentlichen Baustein« für das künftige Energiekonzept der Koalition. Dennoch hat das Papier sofort Kritiker in den eigenen Reihen gefunden. Zitiert wurden neben Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU), der allzu große Erwartungen zu bremsen versuchte, FDP-Generalsekretär Christian Lindner und Vertreter aus dem CDU-Wirtschaftsflügel. Doch auch die Opposition meldete Zweifel an, die vor allem die Finanzierung betreffen. Gerade nach der Ankündigung der großen Energiekonzerne, ihre Zahlungen an den Fonds zum Ausbau der Erneuerbaren Energien einzustellen, wird der Handlungsspielraum enger. Die Umsetzung des Sechs-Punkte-Plans aber würde erhebliche Kosten verursachen.

Und auch die Unkenrufe wollen nicht verstummen, die für den Fall einer »überhasteten« Stilllegung von Kernkraftwerken einen steigenden Strompreis voraussagen. So äußerte der stellvertretende Unions-Fraktionsvorsitzende Michael Fuchs, dass er die Pläne zwar »im Prinzip« für vernünftig halte. Allerdings müsse sich jeder darüber im Klaren sein, »dass der Strompreis steigen wird, wenn der Atomausstieg beschleunigt wird«, so der CDU-Politiker.

Für die atomkritische Organisation »ausgestrahlt« zeigt das erpresserische Vorgehen der Energiekonzerne wie das zögerliche Vorangehen der Bundesregierung, dass ein zügiger Atomausstieg kein »Selbstläufer« sein wird. Und die Aktivisten kündigten an, dass auch am Montag wieder in hunderten Städten Mahnwachen und Protestspaziergänge stattfinden sollten. Und für den 25. April seien vor den meisten Atomkraftwerken und weiteren Atomanlagen Großdemonstrationen für die Stilllegung dieser »Hochrisikotechnologie« geplant.

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