Beihilfe zur Exekution
Präparate des Pharmakonzerns Lundbeck sollen in den USA für Hinrichtungen genutzt werden
»Folgen Sie dem Ruf des Löwen und treten Sie ein«, lockt eine bieder gekleidete junge Frau auf der deutschsprachigen Website www.Lundbeck.de. Das diese Ansage begleitende Löwengebrüll soll wohl Abenteuerlust wecken. Doch wer diesem Ruf tatsächlich folgen und sich die virtuelle Ausstellung »Die Hohe Kunst der Therapie« auch anschauen will, muss sich erst einmal online registrieren.
Ähnliche Erfahrungen machen die Besucherinnen und Besucher der Hamburger Lundbeck-Niederlassung im sogenannten Channeltower am Harburger Binnenhafen. Zutritt zu den heiligen Hallen des dänischen Konzerns, der dort in der 3. bis 6. Etage residiert, wird nur nach ausdrücklicher Bestätigung gestattet, der Fahrstuhl lässt sich nur mittels Code oder vom Anmeldeschalter im 5. Stock bedienen.
Zusätzliche Qualen
In den USA produziert Lundbeck das Präparat Nembutal Pentobarbitone Sodium (Pentobarbitural), welches das bislang üblicherweise bei Hinrichtungen in den USA benutzte Narkosemittel Thiopental der US-Firma Hospira ersetzen soll. Die nahm ihr Produkt, das als Narkosemittel zum Einsatz in Operationssälen entwickelt und als Betäubungsmittel bei Exekutionen durch die Giftspritze zweckentfremdet wurde, aufgrund von internationalen Protesten vom US-Markt.
Lundbeck hat als einzige Firma die Lizenz zur Produktion von Pentobarbitural in den USA. Laut Produktbeschreibung wurde das Präparat als Beruhigungs- und Schlaf- sowie als krampflösendes Mittel und zur Verwendung für örtliche Betäubungen konzipiert. In den USA wird es zudem in der Tiermedizin als Vollnarkosemittel verwendet.
Mediziner befürchten, dass das als Narkosemittel in der Humanmedizin nicht erprobte Präparat seinen Zweck nicht erfüllt, und den Delinquenten bei der Hinrichtung zusätzliche Qualen zugemutet werden. Dieser Argumentation folgte kürzlich der Oberste Gerichtshof der USA und setzte die Hinrichtung des wegen Vergewaltigung und Frauenmordes zum Tode verurteilten Cleve Forster vorerst aus. Doch vor einigen Tagen wurde ein Häftling im US-Bundesstaat Ohio mit Pentobarbitural vom Leben zum Tode gebracht.
Der Konzern gehört zu den Unterzeichnern des Global Compact der Vereinten Nationen gegen die Todesstrafe. Und er hat die zuständigen Behörden in Ohio schriftlich aufgefordert, keine Präparate aus dem Hause Lundbeck für Exekutionen mittels Giftspritze zu benutzen. Bislang leider nicht mit dem gewünschten Erfolg.
Das Protokoll 13 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten verbietet die Todesstrafe in Europa. Es bildet die Grundlage der EU-Politik, die Abschaffung der Todesstrafe auf der ganzen Welt zu verfolgen. Dieser Grundsatz sollte nach Ansicht von Menschenrechtsorganisationen auch für europäische Firmen gelten. Lundbeck wurde deshalb aufgefordert, in die Verträge mit ihren Vertriebsfirmen eine Klausel einzuführen, mit der die Weitergabe an die Todeskammern in den US-Bundesstaaten untersagt würde. Das verweigerte der dänische Konzern mit der Begründung, das komplexe Vertriebssystem letztendlich nicht kontrollieren zu können.
Übergabe am 10. Dezember
Das Netzwerk gegen die Todesstrafe ruft dazu auf, die Online-Petition »Keine Lundbeck Präparate für Hinrichtungen in den USA« zu unterzeichnen. Die Unterschriften sollen am 10. Dezember 2011, dem Tag der Menschenrechte, direkt in der Hamburger Niederlassung abgegeben werden.
Infos unter: www.thepetitionsite.com/2/keine-lundbeck-prparate-fr-hinrichtungen-in-den-usa/
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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