In San Pedro Cutud wird gehämmert
Grausiges Ritual am Karfreitag auf den Philippinen
Am Karfreitag wird in San Pedro Cutud gehämmert. Auch in diesem Jahr werden wieder gut zwanzig fromme Christenmenschen ihren Glauben durch ein grausiges Ritual bekennen: Wie Jesus lassen sie sich an Kreuze nageln. Mit richtigen Nägeln, die ihnen von Helfern im Römerkostüm mit dröhnenden Hammerschlägen durch Hände und Füße getrieben werden.
Schon am Gründonnerstag beginnt im benachbarten San Fernando Pampagna der Leidensweg der Christus-Nachahmer. Gruppenweise ziehen Flagellanten durch die Stadt. Sie peitschen sich die Rücken blutig, werfen sich vor jeder Kirche, von denen es reichlich gibt, in den Staub, lassen sich von Begleitern weiter peitschen und demütigen. Die Messen in den Kirchen sind während der Heiligen Woche, dem höchsten Feiertag auf den erzkatholischen Philippinen, proppenvoll. Aber es bleibt eine unsichtbare Mauer zwischen denen da drinnen und den blutüberströmten Glaubensbrüdern draußen. Fast so, als seien die Flagellanten den Kirchgängern peinlich.
Offiziell verhält sich die Kirche verhalten gegenüber den Kreuzigungen und Selbstkasteiungen. Jedes Jahr kurz vor Karfreitag spricht sie sich gegen diese extreme Form des Glaubensbekenntnisses aus, verurteilt sie als Aberglaube. Aber sie tut nichts, um das Spektakel zu verhindern. Zu viele Anhänger hat dieser »Aberglaube« und mit den Schäflein möchten es sich die katholischen Hirten nicht verderben. Vor allem in der aktuellen Debatte um den Entwurf des »Gesetzes über reproduktive Gesundheit« zeigen sich erste Risse im einst innigen Verhältnis von Kirche und Volk. Mehr als 60 Prozent der Filipinos sind für das Gesetz, das Verhütungsmittel legalisieren, Sexualkundeunterricht ermöglichen und Frauen mehr Rechte geben würde. Die Kirche hingegen fährt einen Kurs der Totalopposition.
»Die Debatte um das Gesetz über die reproduktive Gesundheit hat auch Freidenker und Atheisten ermutigt, sichtbarer zu werden«, freut sich Atheist Ricky Maramba. Über die Live-Kreuzigungen kann er nur den Kopf schütteln. »Da wird die Liebe zu Jesus maßlos übertrieben. Selbst als Atheist war ich vor vielen Jahren schon davon überzeugt, dass Gott keine Verehrung braucht. Gott braucht nichts.«
Carlos Celdran, ein »kultureller Aktivist« und prominenter Kritiker der kirchlichen Kampagne gegen das Gesetz über die reproduktive Gesundheit, gewinnt den Lebendkreuzigungen eine positive Seite ab: »Ich bin froh darüber, dass sie ihre Gewalt als Ausdruck ihres Glaubens nach innen richten. Das ist besser als sich eine Bombe umzubinden, einen Bus in die Luft zu sprengen und so ihre religiöse Überzeugung gewaltsam nach außen zu demonstrieren.«
Für San Fernando und San Pedro Cutud ist das jährliche Maleldo-Festival in der Karwoche ein Segen. Zu Zehntausenden strömen Passionstouristen am Karfreitag ins beschauliche San Pedro Cutud. Bis der erste »Jesus« sein schwarzes Holzkreuz auf den Erdhügel hinaufschleppt, herrscht auf dem staubigen, schattenlosen Platz unter der heißen Tropensonne Rummelplatzstimmung. Popmusik dudelt aus Lautsprechern, Händler bieten Eiscreme, Sonnenbrillen, Strohhüte und als besondere Erinnerung Lagellationspeitschen feil.
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