Zurück in die Zukunft
Newt Gingrich will USA-Präsident werden
Er galt in den 1990er Jahren als republikanische Ikone und wollte schon ein Mal einen demokratischen Präsidenten aus dem Weißen Haus vertreiben. An Bill Clinton biss sich Newt Gingrich (Foto: dpa) die Zähne aus; ob ihm bei Barack Obama mehr Glück beschieden sein wird, bezweifeln Beobachter. Denn dem 67-Jährigen wird schon der Wind aus dem einflussreichen christlich-fundamentalistischen Flügel der eigenen Partei entgegenwehen. Drei Mal war der Mann aus Harrisburg verheiratet: Mit 19 ehelichte er seine sieben Jahre ältere High-School-Lehrerin, 1981 folgte eine acht Jahre jüngere Frau, und von der trennte er sich 2000, kurz nachdem bei ihr multiple Sklerose diagnostiziert worden war. Er heiratete eine 34 Jahre alte ehemalige Mitarbeiterin, mit der er schon sechs Jahre lang ein Verhältnis hatte.
Als Wächter christlicher Werte taugt Gingrich also kaum. Als konservativer Ideengeber hat der promovierte Historiker schon mehr Einfluss. 1979 zog er erstmals ins Washingtoner Repräsentantenhaus ein und sollte schon bald eine Strategie entwickeln, um die Republikaner wieder zur Mehrheitspartei im damals demokratisch dominierten Kongress zu machen. In Clintons Amtszeit praktizierte das rechte Lager eine Obstruktionspolitik, die sich heute etwa in der Haushaltsdebatte wiederholt. Nach dem konservativen Wahlerfolg 1994 versuchte sich Gingrich als neuer »Speaker of the House« zum Gegenpräsidenten zu profilieren und peitschte die zehn Punkte seines Wahlkampfprogramms »Contract with America« durch die Gesetzesmaschinerie auf dem Capitol. Das Nachrichtenmagazin »Time« kürte ihn gar zum »Mann des Jahres«. Doch der gut dotierte Buchautor überzog, und nachdem Hunderttausende Bundesbedienstete wegen Zahlungsunfähigkeit der Regierung in Zwangsurlaub geschickt werden mussten, begann sein Stern zu sinken. Die von ihm proklamierte »republikanische Revolution« fiel aus, Clinton wurde wiedergewählt, und Gingrich traute die Parteibasis nicht mehr zu, die zerstrittenen Flügel zu versöhnen.
Nach der Niederlage bei den Kongresswahlen 1998 legte Gingrich sein Parlamentsmandat nieder, mischte sich als Mitglied rechter Think-Tanks und regelmäßiger Fernsehgast aber immer wieder in die politischen Debatten in den USA ein. Jetzt versprach der passionierte Wanderer, der in den vergangenen Jahren auch als Fachmann für gesunde Ernährung und Stressmanagement tätig war, »Vollbeschäftigung und echte Sicherheit«. Die Republikaner müssen nun in einer Serie parteiinterner Vorwahlen entscheiden, wer im November 2012 im direkten Duell gegen Obama antreten soll. Laut einer CNN-Umfrage haben allerdings 44 Prozent der US-Amerikaner keine gute Meinung von Gingrich, und nur 30 Prozent sehen ihn positiv.
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