Solidarität statt Druck

  • Sven Giegold
  • Lesedauer: 3 Min.
Der Autor ist Europaabgeordneter der Grünen und unter anderem Mitglied im Ausschuss für Wirtschaft und Währung.
Der Autor ist Europaabgeordneter der Grünen und unter anderem Mitglied im Ausschuss für Wirtschaft und Währung.

Jean-Claude Juncker, Vorsitzender der Eurogruppe, und Olli Rehn, EU-Kommissar für Wirtschaft und Währung, waren sich nach dem Treffen der Eurogruppe einig. Trotz seiner bisherigen Bemühungen müsse Griechenland noch mehr tun, um seine Staatsschulden abzubauen. Gleichzeitig befindet sich Griechenland in einer wirtschaftlichen Stagnation. Zahlreiche Demonstrationen gegen die Sparmaßnahmen haben außerdem gezeigt, dass die Menschen Alternativen zu dem von EU und Internationalem Währungsfonds verordneten unsozialen Sparkurs fordern. Die ökonomische Spaltung Europas bedroht den Prozess der europäischen Vereinigung. Statt Schulmeisterei und Durchhalteparolen braucht Griechenland Solidarität und Nachhaltigkeit.

Solidarität mit Griechenland heißt günstige Hilfskredite. Momentan zahlt Griechenland für die EU-Kredite einen Zinssatz von rund 4,5 Prozent, der deutlich über den Kosten für Beschaffung und Verwaltung liegt. Deshalb verdienen Geberländer wie Deutschland an diesem »Hilfspaket«. Dies belastet die wirtschaftliche Entwicklung des Landes. Der hohe Zinssatz konterkariert also die griechischen Bemühungen zum Schuldenabbau. Günstigere Kredite würden die Zinslast verringern. Solidarität heißt auch: Deutschland muss als größter Handelspartner dazu beitragen, dass Griechenland sich wirtschaftlich wieder erholt. Faire Löhne und eine Verringerung des Niedriglohnsektors sind ein wichtiger Beitrag, damit möglichst viele Menschen am Aufschwung teilhaben können. Zudem steigern sie Deutschlands Nachfrage nach ausländischen Gütern und ermöglichen EU-Staaten wie Griechenland oder Portugal, mehr nach Deutschland zu exportieren und ihre Wirtschaft zu beleben.

Auch Solidität ist notwendig. Die exzessive öffentliche Verschuldung Griechenlands, die laut Kommission dieses Jahr auf rund 150 Prozent des Bruttoinlandsprodukts steigen wird, muss reduziert werden. Zukünftige Generationen griechischer Bürger haben ein Recht auf gesunde öffentliche Kassen. Ohne Reformen und Sparanstrengungen wird das nicht gehen, sie müssen aber die sozial ohnehin Benachteiligten schonen.

Nachhaltigkeit erfordert auch eine Stärkung staatlicher Einnahmen, vor allem eine Beteiligung der Vermögenden. Eine Grundsteuer und andere Vermögensteuern wären wichtige Beiträge zur gerechteren Verteilung der Steuerlast. In diesem Punkt müssen Rat und Kommission weg von ihrer Fixierung auf die Ausgabenseite. Stattdessen sollten sie die Regierungsmaßnahmen zur gerechteren Verteilung der Steuerlast besonders berücksichtigen. Statt Druck zu exzessiven Privatisierungsprogrammen benötigt die griechische Regierung politische Unterstützung in dieser innenpolitisch schwierigen Angelegenheit.

Als weiterer Schritt zur Solidität muss ein Schuldenschnitt die Sparanstrengungen Griechenlands begleiten. Auf diesem Weg können auch private Investoren dazu gebracht werden, einen Teil der Konsolidierungslast zu tragen. Ohne Schuldenschnitt hat Griechenland keine Chance, wieder auf die Beine zu kommen.

Nachhaltigkeit bedeutet für Griechenland, insbesondere Investitionen in Zukunftsbereiche wie erneuerbare Energien und Bildung zu sichern. Euro-Projekt-Anleihen spielen hierbei eine Schlüsselrolle, denn sie sichern diese Investitionen in Zeiten notwendiger Sparmaßnahmen.

Ein solches Programm aus Solidarität, Solidität und Nachhaltigkeit ist allemal klüger als die Rhetorik des Strafens und Herabwürdigens, die derzeit die deutsche Euro-Debatte prägt. Ein stabiler Euro liegt letztlich im Interesse aller in Europa.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -