Quatsch mit Grüner Soße

Der Rechtsstreit um die Frankfurter Sieben-Kräuter-Spezialität ist beigelegt – über einen Vergleich

  • Martin Oversohl, dpa
  • Lesedauer: 3 Min.
Frankfurts Gärtner wollen seit Jahren ihre »Grüne Soße« schützen lassen. Nicht nur aus Tradition, sondern auch aus Existenzangst. Aber die Spezialität gibt es auch tiefgekühlt – und mit Kräutern aus Rheinland-Pfalz. Nun wurde der Rechtsstreit zu den Akten gelegt. Ohne, dass sich wirklich etwas geändert hat.

Frankfurt/Main. Die traditionelle »Grüne Soße« muss aus frischen Kräutern der Rhein-Main-Region bestehen. Das haben die Frankfurter Kräutergärtner nun auch schriftlich, nachdem sie sich in einem Streit vor dem Patentgericht mit einem Berliner Tiefkühlkost-Hersteller auf einen Vergleich geeinigt haben. Was sich geändert hat durch diesen Vergleich? »Eigentlich nichts, und trotzdem sind alle Seiten zufrieden«, sagt der Geschäftsführer des »Vereins zum Schutz der Frankfurter Grünen Soße«, Thomas Södler. Nun sei sicher, »was vorher schon der Fall gewesen war«.

Mit dem Wohl der »Grie' Soß« hatte sich zuletzt sogar das Bundespatentgericht befasst. »Wir haben unseren Einspruch jetzt aber zurückgenommen«, sagte Andreas Böckel, der Vertriebsleiter des Unternehmens Grötsch Tiefkühl-Backwaren (Berlin), das einen gefriergetrockneten Kräutermix produziert.

Der bisherige Knackpunkt: Die meisten Zutaten für die »7 Kräutermischung für Frankfurter Grüne Soße« von Grötsch stammen aus Rheinland-Pfalz, nicht aus den Frankfurter Gärten. Und sie wurden tiefgekühlt, waren also nicht frisch – ein Frevel für die Freunde der hessischen Kräuterkultur. Fraglich war also, inwieweit das Berliner Produkt aus dem Eisfach gegen einen Schutz für die Traditionssoße verstoßen könnte, den das Bundespatentamt den Gärtnern gewähren wollte.

Wie Dresdner Stollen

Um seine Kräutermischung nicht vom Markt nehmen zu müssen, setzte sich Grötsch gegen den Beschluss des Bundespatentamtes zum Soßen-Schutz zur Wehr – und einigte sich nun in Gesprächen mit den Gärtnern darauf, dass der industriell hergestellte Mix wegen seines eigenen Charakters den Schutz nicht berührt und alles weitgehend so bleiben soll wie bislang.

»Nach dem Vergleich werden wir unser Produkt in derselben Form weiter vermarkten und die Gärtner ihre Soße schützen lassen können«, sagte Vertriebsleiter Böckel. Denn Tiefgekühltes störe die Kräutergärtner ja nicht grundsätzlich, solange die Mischung und die Zutaten stimmten und der Name Verwechslungen ausschließe. Dies sei der Fall beim Gefrierprodukt. »Dem Verein ging es um die Mischung aus frischen Kräutern, nicht um unser Produkt«, erklärte Böckel. Das Unternehmen verkauft nach eigenen Angaben jährlich rund eine halbe Million Soßenpackungen. Frankfurts Kräutergärtner machen sich schon seit Jahren für die regionale »Grie' Soß« stark. »Wir haben nach über acht Jahren endlich die schwere Hürde in Deutschland genommen, jetzt benötigen wir noch den europaweiten Schutz als geschützte geografische Angabe aus Brüssel«, sagte Geschäftsführer Södler von der Schutzvereinigung. Erst dann sei die Soße auch wirklich geschützt, so wie es zum Beispiel der Dresdner Stollen und die Aachener Printen, der Schwarzwälder Schinken und die Thüringer Rostbratwurst bereits sind.

Die letzte Bastion

Für die Frankfurter Kräuter-Patrioten sei der Streit um die Herkunftsangabe auch existenziell wichtig: »Ihre Gärtnereien sind die letzte Bastion der heimischen Produktion im traditionellen Anbaugebiet.«

In Frankfurt ist »Grüne Soße« als Mischung von frischen Kräutern in jedem Gemüseladen und auf jedem Wochenmarkt zu finden: Sieben Kräuter – Petersilie, Schnittlauch, Kerbel, Kresse, Pimpernelle, Borretsch und Sauerampfer – als ganze Blätter oder klein gehackt und eingewickelt in weißes Papier mit grüner Aufschrift. Nur in Frankfurt und höchstens im Umkreis von rund 50 Kilometern gebe es das »echte« Produkt in der richtigen Zusammensetzung und wirklich frisch, meinen die Kräuteranbauer.

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