Bundeswehr wird Wohlstand-Allzweckwaffe

De Maizière warb mit Regierungserklärung um Zustimmung der Opposition zur Streitkräftereform

  • René Heilig
  • Lesedauer: 2 Min.
Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) warb am Freitag vor dem Bundestag um Zustimmung zur begonnenen Reform der Bundeswehr. In Deutschland sei es gute Tradition, dass beim Thema Streitkräfte Einvernehmen zwischen Regierung und Opposition herrsche. Die SPD beeilte sich, Zustimmung zu zeigen und die Grünen nickten auch brav.

Wer eine Kurzfassung zu den sicherheitspolitischen Grundlagen Deutschlands und zur darauf fußenden Bundeswehrreform haben will, der findet im Ministerinterview der gestrigen »Frankfurter Allgemein Zeitung« folgende Kernaussage: De Maizière rechnet damit, dass Deutschland um Einsätze in Staaten wie Pakistan, dem Jemen, Somalia oder Sudan gebeten wird. Die Erfahrungen in Afghanistan seien kein Grund, solche Einsätze auszuschließen.

Ausdrücklich bekannte sich de Maizière auch im Bundestag zum Einsatz der Streitkräfte als Mittel der Politik. Wohlstand verpflichte, zitierte er das Grundgesetz und leitete ab, dass daraus internationale Verantwortung und Solidarität erwachsen. Gemeint ist: Es wird wohl auf mehr internationale Militäreinsätze hinauslaufen. Zwei größere und zwei kleine Einsätze müsse die Bundeswehr zur selben Zeit und überall in der Welt bewältigen können. Noch fehlten aber dazu die Mittel, die Fähigkeiten und die Führungsstrukturen.

Mit der Amtsübernahme von de Maizière seien »Sachlichkeit und Vernunft« zurückgekehrt, sagte der verteidigungspolitische Sprecher der SPD, Rainer Arnold, und hatte letztlich nur wenige Nachbesserungswünsche. Noch habe der Minister nicht dargelegt, wie sich das »fiskalische Loch« auflösen lasse. Dass de Maizière ein gutes Verhältnis zu Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) habe, reiche nicht. Arnold verlangte: »Finanzieren sie die Bundeswehrreform seriös.« Das von der Regierung aufgelegte Sparziel von 8,3 Milliarden sei nicht realisierbar. Womit gesagt ist: Die zu erwartenden Mehrkosten der Reform werden von den Sozialdemokraten mitgetragen. Arnolf feuerte auf die FDP, die die Unterfinanzierung der neuen Allzweckwaffe Bundeswehr zu verantworten hätte, weil sie für ihre Gefolgschaft Steuersenkungen durchdrücken wolle. Arnold forderte ein »Attraktivitätsprogramm« für mehr Freiwillige.

Nach den Plänen der Bundesregierung soll die Truppenstärke von derzeit gut 220 000 auf etwa 175 000 reduziert werden. Die Anzahl der zivilen Mitarbeiter soll ebenfalls schrumpfen. Der Fraktionschef der Grünen, Jürgen Trittin, betonte, dass eine verschlankte Bundeswehr der internationalen Verantwortung Deutschlands besser gerecht werden könne. Trittin lobte gleichfalls den seriösen Auftritt de Maizières. Inhaltlich unterstützte Trittin die Abschaffung der Wehrpflicht, forderte aber eine Reduzierung der Streitkräfte auf 160 000 Soldaten.

Die einzigen, die in der eineinhalbstündigen Debatte gegen die militärischen Wohlstandsverteidigungspläne argumentierten, waren die LINKEN. Deren verteidigungspolitischer Sprecher Paul Schäfer schlug unter anderem eine Reduzierung auf 125 000 Soldaten vor.

Die Fraktion hatte zu Wochenbeginn ein Positionspapier »Streitkräfte halbieren, defensiv ausrichten, Auslandseinsätze beenden« beschlossen. Deutschland müsse zu einer Kultur militärischer Zurückhaltung zurückzukehren und die globalen Probleme mit aktiver Friedens-, Abrüstungs- und Entwicklungspolitik angehen statt mit Militärinterventionen.

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