EHEC-Gen entschlüsselt, seine Herkunft nicht
17. Todesopfer aus Hamburg gemeldet / Russland verärgert die EU mit Importstopp
Berlin (ND/Agenturen). Zwar verbreitete sich am Donnerstag mit Windesleile die Erfolgsmeldung, die Erbsubstanz des in Deutschland grassierenden EHEC-Bakteriums sei entziffert. Doch vermag die Leistung von Wissenschaftlern aus Hamburg und China bei den Erkrankten noch keine Erleichterung auszulösen. Seine Herkunft ist nach wie vor unklar, nachdem der Anfangsverdacht sich zerschlagen hat, bei den untersuchten Gurken handele es sich um Gemüse aus Spanien. So bleibt die Leistung, die der Bakteriologe Holger Rohde vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) am Donnerstag beschrieb, zunächst ohne messbare praktische Folgen: Das untersuchte Genom sei »nur ein ganz entfernter Verwandter der üblichen EHEC-Bakterien«.
Am Donnerstag war erneut eine Frau gestorben – die 81-Jährige erlag der Infektion im Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE). Insgesamt starben damit in Deutschland bereits 17 Menschen, allein drei in Hamburg. In Schweden war eine Frau gestorben, die sich zuvor in Deutschland aufgehalten hatte. Bundesweit sind bislang fast 500 Menschen an dem HUS-Syndrom erkrankt, das zu Nierenversagen und neurologischen Störungen führen kann. Im Hamburger UKE wurden am Donnerstag mehr als 100 Patienten wegen des HUS-Syndroms behandelt, darunter 27 Kinder und fünf Schwangere. Mehr als 20 Erwachsene lagen auf der Intensivstation.
Derweil droht sich die Epidemie zu einem internationalen politischen Konflikt auszuwachsen. Weil Russland ein Importverbot für Gemüse aus den insgesamt 27 EU-Ländern verhängte, zeigte sich die EU-Kommission in Brüssel am Donnerstag verschnupft und legte Protest ein. Das Einfuhrverbot sei »unverhältnismäßig«. Unter dem Deckmantel des Verbraucherschutzes betreibe Moskau eine Machtdemonstration, werden in Medienberichten »Beobachter« missbilligend zitiert. Russlands oberster Amtsarzt Gennadi Onischtschenko begründete die Ausweitung des zunächst auf Deutschland und Spanien beschränkte Importverbots nach Angaben der Agentur Interfax mit der Ausweitung des Problems. Nach Schätzungen geht etwa ein Viertel des Gemüseexports aus der EU in den russischen Markt. Das seien etwa drei bis vier Milliarden Euro. Lauter wird mittlerweile auch die Forderung nach Entschädigungen.
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