Zubringerflug gestrichen – Airline wollte nicht zahlen
Reiserecht
Ein deutsches Ehepaar hatte für Mai 2005 bei der Fluggesellschaft KLM einen Flug von Berlin nach Amsterdam und von Amsterdam in die Karibik gebucht (genauer gesagt: nach Curacao, Teil der holländischen Antillen). Wegen schlechten Wetters in Amsterdam hatte die KLM damals den Zubringerflug annulliert. Infolgedessen kam das Ehepaar mit einem ganzen Tag Verspätung in der Karibik an.
Nach der europäischen Fluggastrechte-Verordnung steht einem Fluggast Entschädigung bis zu 600 Euro zu, wenn ein Flug gestrichen wird oder mit erheblicher (über drei Stunden) Verspätung am Ziel ankommt. Die konkrete Summe hängt von der Länge der Flugstrecke ab.
Den Rechtsstreit um eine Ausgleichszahlung von KLM gewannen die Kunden in letzter Instanz beim Bundesgerichtshof. Die Fluggesellschaft sei davon nicht wegen des schlechten Wetters befreit, stellten die Bundesrichter fest. Denn KLM habe im Prozess nicht nachvollziehbar darlegen können, aus welchen Gründen es unzumutbar gewesen sei, den Flug durchzuführen.
Schon für die Stornierung des Zubringerflugs stehe dem Fluggast eine Ausgleichszahlung zu. Wenn es um die Höhe des Anspruchs gehe, sei aber nicht nur auf die Entfernung zum Zielort des annullierten Zubringerflugs abzustellen (hier also Amsterdam). Bei einem direkten Anschlussflug sei die Entfernung zum Endziel maßgeblich bzw. bei mehreren Zielorten die Entfernung zu allen, an denen der Fluggast verspätet ankomme.
Urteil des Bundesgerichtshofs vom 14. Oktober 2010, Az. Xa ZR 15/10
Kunde hätte Missverhältnis selbst erkennen müssen
Über das Internet hatte ein Münchner für sich und seine Freundin eine Pauschalreise nach Dubai gebucht: Flug und zwei Wochen Aufenthalt für zwei Personen sollten lediglich 1392 Euro kosten. Der Kunde zahlte 282 Euro an, nachdem er sich telefonisch erkundigt hatte, ob der Online angegebene Preis stimmte. Ein Mitarbeiter bejahte dies, doch es traf nicht zu: Regulär kostete die Reise 4726 Euro.
Der Reiseanbieter weigerte sich, die Reise durchzuführen und focht den Vertrag an: Die Preisangabe sei falsch, ihr liege ein Softwarefehler zugrunde. Das Missverhältnis zwischen Preis und Leistung sei so groß, dass sich der Kunde nicht auf den abgeschlossenen Reisevertrag berufen könne.
Der Kunde versuchte es trotzdem: Er forderte vom Reiseunternehmen die Anzahlung zurück und zusätzlich Schadenersatz für vertane Urlaubszeit. Die Anzahlung bekomme er, aber Schadenersatz stehe dem verhinderten Urlauber nicht zu, urteilte das Amtsgericht München. Ein Schnäppchen zu etwa einem Drittel des wirklichen Gesamtpreises – das könne einfach nicht wahr sein. Dass die automatisch generierte Erklärung des Reiseunternehmens auf einem Irrtum beruhte und der Preis unzumutbar niedrig sei, habe der Kunde erkennen müssen.
Leistung und Preis lägen so weit auseinander, dass es Rechtsmissbrauch darstelle, auf dem geschlossenen Vertrag zu bestehen. Dass Mitarbeiter des Unternehmens, die sich wohl auf die EDV-Daten verließen, den Preis bestätigten, sei bedauerlich, ändere aber nichts: Der Kunde hätte sich unschwer darüber informieren können, was Urlaub in Dubai durchschnittlich koste: durch Reiseprospekte, Fernsehsendungen oder andere Quellen im Internet.
Urteil des Amtsgerichts München vom 4. November 2009, Az. 163 C 6277/09
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