Steinernes Festbuch über den Wein

Nördlich von Naumburg wurde an einem Rebhang ein zweihundert Meter langes Felsrelief freigelegt

  • Thomas Schöne, dpa
  • Lesedauer: 3 Min.
Das 200 Meter lange und drei Meter hohe Felsrelief im malerischen Weinanbaugebiet bei Großjena ist ein Geheimtipp für Touristen. Das deutschlandweit einmalige Kunstwerk umfasst zwölf biblische Motive zum Thema Wein und wurde 1722 in den Sandsteinfelsen gehauen.

Großjena. Wer im malerischen Weinanbaugebiet an der Unstrut zwischen Freyburg und Naumburg (Sachsen-Anhalt) unterwegs ist, kann bei Großjena ein rund 200 Meter langes und etwa drei Meter hohes Felsrelief in der Buntsandsteinwand eines Weinberges entdecken. »Ein Kunstwerk, das in dieser Größe in den Felsen gehauen wurde, ist einmalig in Deutschland«, sagt die Wissenschaftlerin Jeannine Meinhardt vom Institut für Diagnostik und Konservierung an Denkmalen in Sachsen und Sachsen-Anhalt.

Zwölf Szenen aus der Bibel

Meinhardt arbeitete im Rahmen eines Modellprojektes der Deutschen Bundesstiftung Umwelt an der umfassenden Konservierung des Sandsteinreliefs in den Jahren 1995 bis 2000 mit. Damals wurde nach Jahrhunderten das Felsrelief hinter meterhohem Unkrautgestrüpp wiederentdeckt.

»Für Touristen ist das immer noch ein Geheimtipp«, sagt Annett Einicke vom Tourismusmarketing der Stadt Naumburg. Die Stadt biete dazu die Führung »Christus in der Kelter«, benannt nach einem der Bildmotive des Reliefs, an. Dazu gebe es auch eine Weinverkostung. Nach Angaben der Stadt kamen im Vorjahr mehr als 25 000 Gäste nach Naumburg, wie viele sich davon auch für das Relief interessierten sei unbekannt. »Das Relief liegt etwas abseits der offiziellen Touristenrouten und Interessenten müssen schon genau danach fragen«, sagt Einicke.

Das Felsrelief war 1722 anlässlich des zehnjährigen Herrschaftsjubiläums des Landesfürsten Herzog Christian II. von Sachsen-Weißenfels (1682-1736) als »Steinernes Festbuch« entstanden. Gezeigt werden zwölf Bilder mit Szenen aus der Bibel zum Thema Wein sowie ein Reiterstandbild mit dem Herzog. »Der Künstler ist bis heute unbekannt, aber in Auftrag gegeben hatte es der Hofjuwelier J.C.Steinauer aus dem sächsischen Roßwein«, sagt Restaurator Peter Fiedler. Er kümmert sich im Auftrag des Vereins Gotisches Haus Burgheßler (Burgenlandkreis) zusammen mit dem Agraringenieur Thomas Fischer um den weiteren Erhalt des Werkes.

In 80 Jahren verschwunden

Dafür reist Fiedler jedes Jahr mehrmals in den Sommermonaten aus Moritzburg bei Dresden an, um den Zustand des Reliefs zu kontrollieren und zusammen mit Fischer Pflegearbeiten durchzuführen. »Die Konservierungsarbeiten haben den Zerfall des weichen Buntsandsteins aufgehalten, aber die Verwitterung erfordert eine ständige Pflege«, sagt der Experte. Wo es nötig ist, reinigt Fiedler die Oberfläche des Reliefs von Krusten und Flechten und festigt immer wieder poröses Gestein. »Feuchte Flecken an der Oberfläche zeigen an, dass der Festiger von innen heraus bis zur Oberfläche vorgedrungen ist«, sagt Fiedler. Zudem waschen Niederschläge immer wieder Salze aus dem Fels, die das Relief weiter schädigen.

»Die betroffenen Stellen werden mit salzresistentem Kompressenputz behandelt und mit Restauriermörtel ergänzt«, sagt der Experte. Etwa vier der zwölf Bilder seien besonders stark betroffen. Fiedler schätzt, dass das Relief noch etwa 80 Jahre zu sehen sein wird. Irgendwann wird es ganz verschwunden sein.

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