Schaufliegen über Paris und Libyen

49. Air Show Le Bourget: Krieg kurbelt das Geschäft an / Airbus räumt auf dem Zivilsektor ab

  • René Heilig
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Luft- und Raumfahrtindustrie hat die Krise weitgehend überwunden. Airbus und Boeing heimsen beim wichtigsten Branchentreff Milliardenaufträge ein. Doch auch sogenannte Schwellenländer stellen noch bis zum Sonntag beim 49. Internationalen Luft- und Raumfahrtsalon in Le Bourget Beachtliches vor.

Täglich dröhnt und lärmt es am nördlichen Himmel von Paris. Diverse Firmen lassen mehr oder weniger wagemutige Testpiloten vorführen, was Käufer finden sollen. Doch nicht nur am Himmel über Le Bourget wird um Profit gekämpft. Auch über Libyen findet tägliches Schaufliegen statt. Eurofighter (von EADS) gegen Rafale (von Dassault) heißt der Luftkampf-Event, den manche auch mörderischen Krieg nennen. 30 Prozent aller NATO-Luftangriffe werden von Rafale geflogen. Londons Royal-Air-Force hat zehn Eurofighter über Nordafrika im Einsatz und lässt sie mit viel Propagandagetöse Bodenangriffe fliegen, obwohl die Flugzeuge dafür noch gar nicht optimiert sind.

Das Erfolgsbulletin wird am jeweiligen Tag von der NATO veröffentlicht. Leider – so werden das westeuropäische Eurofighter-Hersteller-Konsortium und die französische Rüstungsschmiede vermerken – ohne Wertungspunkte.

Die werden in Le Bourget vergeben. Und in Indien. Denn dort treffen die beiden Flugzeugmuster ebenfalls zusammen. Das Land will 126 neue Kampfjets kaufen. Wert des Rüstungsgeschäfts: acht Milliarden Euro. Dazu käme eine Option auf weitere 63 Maschinen. Die Konkurrenten aus den USA (Lockheed und Boeing), Russland (MiG) und Schwedens SAAB sind aus dem Rennen. Übrig blieben EADS – für die sich bereits Merkel und ihr britischer Premierkollege Cameron stark gemacht haben – sowie Sarkozys Lieblingsjet.

Nicht weniger umkämpft auf Europas vermutlich wichtigster Luftfahrmesse ist der zivile Sektor. Dort allerdings heißen die Rivalen Airbus und Boeing. Das europäische EADS-Unternehmen Airbus hat bisher die Nase vorn. Dank der Flut von Bestellungen für die neue A320 sammelte man allein bis Donnerstagmittag Bestellungen und Vorverträge für insgesamt 730 Flugzeuge mit einem Listenpreis-Wert von 72,2 Milliarden US-Dollar ein. »Gemessen an der Zahl der bestellten Maschinen ist das die beste Messe, die es je für einen Flugzeugbauer gegeben hat«, sagte Airbus-Chef Tom Enders gestern. Mehr als 600 Bestellungen entfielen auf die A320neo. Allein die malaysische Fluggesellschaft Air Asia orderte 200 Maschinen – das ist der größte Einzelauftrag in der Geschichte.

Auch der Riesenjet A380 wird brav geordert, doch offenbar nicht so, wie von Airbus erhofft. Das Nachsehen hat der Erz-Rivale Boeing. Gerade einmal 80 Maschinen im Wert von 10 Milliarden Dollar hat der Konzern bislang in den Le-Bourget-Büchern. Der US-Hersteller hat bisher die Frage einer Modernisierung des in die Jahre gekommenen A320-Konkurrenten Boeing 737 offen gelassen. Der Konzern in Seattle präsentiert dafür abermals seinen »Dreamliner«. So wie 2010 in Farnborough, diesmal aber mit Kabinenausstattung. Für den Bau der Maschine verwendet Boeing erstmals in großem Umfang moderne Verbundwerkstoffe. Die Fluggesellschaft All Nippon Airways (ANA) hat 55 bestellt. Insgesamt, so sagt Boeing, liegen mehr als 800 Bestellungen vor. Die Auslieferung des Flugzeugs an ANA war ursprünglich für Mitte 2008 geplant, verzögerte sich aber wegen technischer Probleme.

Die Partnerländer bei der Herstellung des neuen Militärtransporters Airbus A400M Deutschland, Großbritannien und Spanien haben sich auf eine gemeinsame Entwicklungszentrale geeinigt. Auf der Messe selbst steht die Maschine nur herum. Getriebeschaden.

Eine gute Nachricht kommt aus der Raumfahrtbranche. Das umstrittene europäische Satellitennavigationssystem Galileo wird billiger als zu Jahresanfang befürchtet. Bis 2020 soll die Konkurrenz zum US-Navigationssystem GPS »nur« noch 4,8 Milliarden Euro kosten. Statt 18 sollen so bis 2014 schon 24 Satelliten im All sein.


Neue am Himmel

Airbus und Boeing bekommen Konkurrenz. Rund 14 Prozent der prognostizierten Passagierflugzeug-Produktion werden innerhalb der nächsten zwei Jahrzehnte in China eingesetzt werden, sagt das Beratungsunternehmen Deloitte. Das wären 4000 von insgesamt 30 000 Maschinen. Da wollen Chinas Hersteller selbst ein Stück abbekommen. Das Land stellt in Paris den neuen Kurz- und Mittelstreckenjet C919 vor. Es liegen bisher rund 100 Bestellungen vor. Auch Russland ist wieder da. Hersteller Suchoj versucht mit dem SuperJet das untere Marktsegment zu erobern. Man kooperiert mit westlichen Firmen, beispielsweise mit Frankreichs Triebswerkshersteller Snecma.

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